Trotz enormer Anstrengungen und einem bereits erfolgten Schuldenschnitt kommt die griechische Wirtschaft seit einigen Jahren nicht auf die Beine. Deshalb entbrennt insbesondere nach der griechischen Parlamentswahl die Diskussion um den richtigen Weg. Diese wird erheblich intensiver und nachdrücklicher geführt, da die Staatsverschuldung exorbitant gestiegen ist und die Jugendarbeitslosigkeit zu einem Problem für eine ganze Generation werden kann.

Zwei unterschiedliche Auffassungen von Wirtschaftspolitik prallen aufeinander

Die Wirtschaftspolitik, die Arbeitslosigkeit und die Zukunftsaussichten Griechenlands waren eines der beherrschenden Themen der griechischen Parlamentswahlen Anfang des Jahres. Als Sieger ging das Linksbündnis hervor, welches den Ministerpräsidenten stellt und Yanis Varoufakis als Finanzminister einsetzte.

Die neue Regierung geht schwungvoll an das Umsetzen der Wahlkampfversprechen und vertritt eine Wirtschaftspolitik wie sie ähnlich in vielen europäischen Staaten bei den jeweiligen Parteien des linken Spektrums anzusiedeln ist:

Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik ist die Steigerung der Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger, ein staatliches Investitionsprogramm als Konjunkturimpuls und die Abkehr von einer Niedriglohnpolitik. Dies steht ganz im Gegensatz zur Wirtschaftspolitik der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds und der EU, die auf niedrige Löhne und hohe Wettbewerbsfähigkeit setzen. Diese soll den Export und die Gesamtwirtschaft ankurbeln.

Wegen diesem kreativen Aufeinanderprallen zweier ganz unterschiedlicher Auffassungen von Wirtschaftspolitik ist die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und aller Marktteilnehmer so hoch:

Es geht bei den aktuellen Verhandlungen nicht nur um die Zukunft eines der kleineren EU-Länder. Sondern in der Tat darum, welches wirtschaftspolitische Konzept Vorrang genießen soll.

Berater Tipp

Griechische Forderung: Anschubfinanzierung statt Schuldenschnitt

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis reist gleich nach seinem Amtsantritt durch Europa und versucht Griechenland aus einer Zwickmühle zu befreien. Seiner Meinung nach führen die Lohnkürzungen und die von der Troika vorgeschlagenen Sparmaßnahmen in eine Abwärtsspirale, die Griechenland alleine nicht lösen kann.

Nachdem es den Schuldenschnitt in Griechenland schon einmal gegeben hat, ist er von der Wirksamkeit eines Schuldenerlasses nicht überzeugt.Dieser würde ja an den gesamtwirtschaftlichen Verhältnissen nichts ändern.

Stattdessen wagt er einen äußerst geschickten Schachzug: In einem Interview spricht er direkt die Verantwortung Deutschlands als eines der stärksten Länder der EU an. Dieses solle doch über eine Anschubfinanzierung nachdenken, mit der Griechenland Fahrt aufnehmen kann.

Yanis Varoufakis spricht geschickt von einem „Merkel-Plan“, der ähnlich wie der „Marshall-Plan“ nach dem zweiten Weltkrieg eine Ära neuer wirtschaftlicher Prosperität auslösen würde.

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Das Ringen um den richtigen Weg geht weiter

Die aufgeworfenen Fragen wahrscheinlich nicht so einfach und noch nicht in den nächsten Monaten gelöst werden können. Das Hauptproblem sind und bleiben die hohen Summen, die auf dem Spiel stehen. Sowohl bei einem Ausstieg Griechenlands aus dem Euro, als auch bei einem Verbleib in Kerneuropa müssten die Gläubiger erhebliche Risiken eingehen.

Da der Europäische Stabilitätsmechanismus zu einem der großen Gläubiger gehört, stehen somit die Steuerzahler der anderen Euro-Länder in der Haftung. Deshalb wird es für die einzelnen Länder sehr schwierig werden, einem Verzicht auf die Forderungen zuzustimmen oder weitere Gelder bereitzustellen. In allen Fällen aber bleibt die Staatsschuldenproblematik ein Thema, was die Menschen länger bewegen wird:

In Europa wird es aus heutiger Sicht einige Jahre lang nicht zu Zinserhöhungen kommen können – was in Augen mancher so etwas wie eine schleichende Enteignung der Sparerinnen und Sparer sein könnte.

Griechenlands Sparschwein

Die griechische Schuldenproblematik ist symptomatisch für viele andere Länder

Erst in den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die exorbitant hohen Staatsschulden auch in den hoch entwickelten Volkswirtschaften gewachsen. Bis dato schien das Anhäufen von Staatsverschuldung weit über 60 % der Wirtschaftsleistung (der in den europäischen Verträgen genannte Soll-Wert für die maximale Staatsverschuldung) vollkommen normal zu sein. Erst nach der politischen Diskussion und Einführung der Schuldenbremse wurde deutlich:

Ein zu großer Schuldenberg schränkt die Handlungsfähigkeit der Länder zu weit ein. Deshalb wurde in Deutschland ein Gesetz für eine Schuldenbremse erlassen, das die Aufnahme von neuen Krediten sehr restriktiv handhabt.

In Griechenland geht es aber in einem ersten Schritt erst einmal um die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit, die Schuldenbremse liegt noch in weiter Ferne.

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Titelbild: ©iStock.com/eabff

Textbild: ©iStock.com/Umkehrer