Bis zum Jahr 2022 kann Indien zur viertgrößten Volkswirtschaft werden und könnte somit sogar Deutschland überholen. Doch nun wird das Wirtschaftswachstum aufgrund von Risikokrediten gebremst.
Rekordhoch fauler Kredite in Indien lähmt Wirtschaftswachstum
Nach einer Analyse des Internationalen Wirtschaftsfonds (IWF) könnte es Indien bis zum Jahr 2022 zur viertgrößten Volkswirtschaft schaffen. Bei einem prognostizierten Wachstum von rund 9,9 Prozent im Jahr ist nicht auszuschließen, dass die Wirtschaftsleistung des Subkontinents bis 2022 sogar Deutschland überholt. Bereits im nächsten Jahr könnte Großbritannien seinen Platz unter den Top 5 der größten Volkswirtschaften an Indien verlieren.
Doch der rasante wirtschaftliche Aufstieg scheint nun insbesondere durch sogenannte Risikodarlehen gebremst zu werden. Im zweiten Quartal des Jahres ist die Wirtschaft mit rund 5,7 Prozent so langsam gewachsen, wie schon seit drei Jahren nicht mehr. Sicherlich hat die im November des letzten Jahres plötzlich verkündete und, trotz aller Warnungen der Finanzexperten, begonnene Bargeldreform einen beachtlichen Anteil an der Krise. Immerhin wurden von einem Tag auf den anderen fast 86 Prozent des sich im Umlauf befindlichen Geldes wertlos. Aber auch Risikokredite drohen nun das bisherige rasante Wirtschaftswachstum Indiens nachhaltig zu bremsen.
Das Rekordhoch fauler Kredite in Indien liegt laut Aussage der Zentralbank bei etwa 4,5 Prozent. Das entspricht einem Volumen von rund 123 Milliarden Euro. Dabei bringt die unter anderem durch Risikokredite hervorgerufene Wirtschaftskrise nicht nur die staatlichen Finanzinstitute, sondern auch Unternehmen und zunehmend die Politiker des Landes in Bedrängnis. Doch sind faule Kredite überhaupt und warum können sie eine solche Finanzkrise verursachen?
Was sind faule Kredite?
Bei einem sogenannten faulen Kredit, der auch als notleidendes Darlehen bezeichnet wird, handelt es sich um Finanzierung, bei der der Schuldner mit der Rückzahlung schon längere Zeit in Verzug ist. Ursächlich für einen notleidenden Kredit sind meist die schlechte Bonität des Darlehnsnehmers sowie die fehlende beziehungsweise nicht ausreichende Absicherung des Darlehens. Für Finanzinstitute sind notleidende Kredite immer ein Verlustgeschäft. In der Regel schaffen die Kreditgeber es nicht aus der finanziellen Misere herauszukommen, sodass eine Rückzahlung des Kredites eher unwahrscheinlich ist. Um den finanziellen Schaden möglichst gering zu halten, verkaufen Banken daher ihre notleidende Kredite an spezialisierte Finanzinstitute, auch wenn sie dadurch nur einen Teil der Kreditsumme wieder bekommen und somit Geld verlieren.
Indische Risikokredite erreichen Höchststand
Experten gehen davon aus, dass es allein in Deutschland faule Darlehen mit einem Gesamtvolumen von etwa 160 Milliarden Euro gibt. Allerdings wird davon nur ein Bruchteil von den Banken verkauft. Mit dem Kauf des notleidenden Kredites erwirbt das spezialisierte Finanzunternehmen alle Rechte und Pflichten, die sich aus dem Finanzierungsgeschäft mit dem Kreditnehmer ergeben. Um faule Kredite zu vermeiden, ist es auf Online-Portalen wie Finanzen-Ratgeber.org möglich, unverbindliche Kreditanfragen zu stellen und sich im Vorfeld ausführlich über die Vertragsbedingungen zu informieren.
Für die indischen Banken bedeuten die großzügig und in großer Zahl gewährten Risikokredite auf jeden Fall ein finanzielles Fiasko. Die Schuldner aus den Kreditverträgen sind auf keinen Fall in der Lage, das Darlehen zurück zu zahlen und der Verkauf solcher notleidenden Kredite ist bei einer solchen Konstellation nahe zu unmöglich. Immerhin lag in Indien der Anteil fauler Darlehen bis Ende Juni 2017 bei 12,5 Prozent und hat damit einen seit ca. 15 Jahren nicht mehr erreichten Höchststand erreicht.
Kommt die erhoffte Hilfe aus Delhi?
Der Verlust aus den Risikogeschäften der Banken kann nur noch durch eine staatliche Finanzspritze aus Delhi gedeckt werden. Schon jetzt ist es insbesondere kleineren Unternehmen kaum möglich, einen bezahlbaren Kredit zu bekommen, denn die Geldinstitute mussten aufgrund der prekären finanziellen Situation ihre Rückstellungen erhöhen. Ein Umstand, der dem ohnehin angeschlagenen indischen Wirtschaftswachstum sicherlich nicht förderlich ist, wie das Beispiel des Baukonzerns Hindustans Constraction Company (HCC) zeigt. Das Bauunternehmen hatte im Vorjahr einen Gesamtumsatz von rund 80 Milliarden Rupien (umgerechnet 2,5 Milliarden Dollar) erwirtschaftet. Dem gegenüber steht eine Verschuldung in Höhe von 170 Milliarden Rupien. Nun macht die indische Notenbank dem Unternehmen Druck und verlangt den Beginn der Rückzahlung.
Für den Konzern hatte die Schuldenrestrukturierung zur Folge, dass Projekte wie den Bau der Stadt Lavasa, in der um die 300.000 Inder wohnen sollten, im halbfertigen Zustand auf Eis gelegt wurden. Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Viele Bauprojekte wurden bereits bis auf weiteres gestoppt. So zieht sich die Finanzkrise zurzeit durch die ganze Wirtschaft Indiens und alle warten auf die Lösung aus Delhi.
Wie kann die Lösung aussehen?
Die Lösung der Krise erfordert mehrere Maßnahmen:
1. Die Wirtschaft muss sich an Bargeldreform gewöhnen
2. Einführung der allgemeinen Mehrwertsteuer
3. Erhöhung der Produktivität
4. Stabilisierung des indischen Bank-und Finanzwesens
Zunächst muss dafür gesorgt werden, dass sich sowohl die Wirtschaft als auch die Bevölkerung an die seit November 2016 eingeführte Bargeldreform gewöhnt. Ein Unterfangen, das sicherlich einige Zeit in Anspruch nehmen wird und eine Zwischenlösung erfordert. Die überstürzte Über-Nacht-Aktion hat sich augenscheinlich als nicht praktikabel erwiesen, zumal viele Inder noch kein eigenes Bankkonto haben. Eine Rückzahlung von Krediten ist sonst nur schwer möglich. Außerdem sollte die bereits für April 2017 geplante allgemeine Mehrwertsteuer eingeführt werden, um Geld in die insbesondere durch die faulen Darlehen der Banken strapazierte Staatskasse zu spülen.
Die ehemals blühende Produktivität hat aufgrund der Finanzkrise und stockender Reformen deutlich nachgelassen. Doch sein enormes Wachstumspotential hat Indien in den letzten Jahren beeindruckend unter Beweis gestellt.
Indiens Wirtschaft hat Wachstumspotenzial
Um die indische Wirtschaft wieder anzukurbeln benötigen die Banken dringend Geld aus Delhi. Analysten gehen davon aus, dass alleine für das Bereinigen der Bilanzen eine Summe von rund 40 bis 65 Milliarden US-Dollar benötigt werden. Ohne das Eingreifen der Regierung ist das wohl kaum zu schaffen. Wenn das Wirtschaftswachstum nicht völlig zum Erliegen kommen soll und die Banken den strengen Anforderungen des internationalen Regulierungsrahmens (Basel III) gerecht werden wollen, ist eine Finanzspritze unumgänglich. Mehrere Banken haben bereits Lösungswege entwickelt, mit denen sich das Finanzproblem eventuell lösen lässt.
Gerade jetzt ist es besonders wichtig, vor allem den kleineren Unternehmen bezahlbare Kredite zu ermöglichen. Dabei darf es jedoch zu keinen Risikokrediten mehr kommen. Doch dafür wird Geld benötigt.
Am Wirtschaftspotential Indiens liegt es jedenfalls nicht. Gerade in den letzten Jahren konnte der Subkontinent ein beachtliches Wirtschaftswachstum aufweisen. Immerhin haben Experten prognostiziert, dass Indien bereits im nächsten Jahr die Volkswirtschaft der ehemaligen britischen Kolonialherren überholen wird, Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Indien bis dahin seine finanziellen und politischen Probleme bewältigt. Der Druck auf den amtierenden Ministerpräsidenten Narenda Modi wächst. Er muss sich etwas einfallen lassen, wenn er in zwei Jahren wieder gewählt werden will.
Titelbild: © istock.com – vipin jaiswal
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