Wer kennt die Situation nicht: Da möchte man am Samstag etwas länger schlafen, und dann beginnen auf der Baustelle im Nachbarhaus ab 7:00 in der Frühe die ohrenbetäubenden Stemmarbeiten, die auch das eigene Haus erzittern lassen. Fast ist man versucht, wie bei der letzten Party der Nachbarn, die um 3 Uhr am Morgen lautstark zur gefühlten 22. Polonäse über Tische und Bänke aufriefen, den nächsten erreichbaren Funkwagen zu rufen. Allerdings ist die Rechtslage beim Baulärm nicht ganz so einfach. Manches muss man tatsächlich einfach hinnehmen.
Lärm ist nicht gleich Lärm
Definiert man Lärm, so beschreibt man grundsätzlich Schallemissionen, die von einer bestimmten Quelle ausgehen.
Bekanntermaßen kann Lärm Gesundheitsschäden hervorrufen. Aus diesem Grund gibt es ein Netz von Regeln und Maßnahmen, die sowohl den Ausstoß von Lärm begrenzen (Emissionsschutz) sollen, als auch die auf den Einzelnen einwirkenden Lärm mindern oder abwehren (Immissionschutz). Dennoch kann Lärmeinwirkung nicht immer vermieden oder unterbunden werden, da sie zum modernen Leben dazugehört. Auch wird Lärm je nach Verursacher unterschiedlich bewertet.
Verursachen Kinder Lärm, ist das etwas anderes als wenn der fröhliche Nachbar jede 2. Nacht zur Party lädt. Auch Baulärm ist teilweise unvermeidbar, da andernfalls jede Art der Bautätigkeit zum Erliegen käme. Allgemein gilt für Baulärm, dass der Verursacher Maßnahmen zu ergreifen hat, um schädliche Umwelteinwirkungen durch den Lärm zu vermeiden. Eine solche schädliche Umwelteinwirkung nimmt man bei Werten an, die in Wohngebieten am Tag 55 Dezibel übersteigen. Weiterhin muss der Baustellenbetreiber unvermeidliche schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Minimum begrenzen.
Mieter, Eigentümer und Baustellenlärm
Gegen Baulärm kann man einerseits zivilrechtliche Abwehransprüche auf Unterlassung geltend machen, andererseits über die entsprechenden Behörden eine Ordnungswidrigkeit oder eine Umweltstraftat zur Anzeige bringen. Das gilt dann, wenn der Lärm nicht zu dulden ist. Für Mieter kommen häufig Ansprüche gegen den Vermieter in Betracht.
Beim Thema Baustellenlärm haben sich folgende Grundsätze für die Bewertung und das Duldenmüssen von Lärm herausgebildet:
- Verursacht der eigene Hauseigentümer mit Baumaßnahmen den Lärm, haben seine Mieter grundsätzlich werktags (auch Samstag) im Zeitfenster zwischen 7 und 22 Uhr eine Beeinträchtigung hinzunehmen, wobei man meist in der Praxis maximal zwischen 8 und 20 Uhr arbeiten lässt. Im Einzelfall hat der Mieter auch bei zu duldendem Lärm Mietminderungsansprüche.
- Verursacht ein Mieter selbst den Lärm, der andere Mieter belästigt, hat er sich an den in der Hausordnung vorgeschriebenen Zeiten zu halten. Sieht diese Ruhezeiten vor, darf er selbst während dieser Zeiten keinen Baulärm verursachen. Außerhalb der Ruhezeiten gelten die oben genannten Zeitfenster, wobei man im Mietshaus ab 20 Uhr eine Grenze zieht.
- Auch für Baulärm vom Nachbargrundstück gelten grob die unter 1) genannten Zeitfenster.
- Problematisch kann es für den Mieter sein, wenn der Lärm vom Nachbargrundstück ausgeht. Eigene Ansprüche gegen den Verursacher sind hier rechtssystematisch nicht immer unstreitig, obwohl man Anwohnern bei Großbauvorhaben zunehmend eigene Rechte zubilligt. Manche Gerichte versagen dem Mieter und Pächter die zivilrechtliche Klagebefugnis, so dass diesen bei Lärm vom Nachbargrundstück oft nur die Geltendmachung einer Ordnungswidrigkeit sowie Ansprüche gegen den Vermieter bleiben.
Video: Baustellenlärm am Sonntag
Sonderfall Mieter und Mietminderung
Massiven Baulärm außerhalb der genannten Zeitfenster, zum Beispiel an Sonn- und Feiertagen, kann jeder Anwohner auch bei Lärm vom Nachbargrundstück über die zuständige Ordnungsbehörde untersagen lassen. Man kann auch bei Gericht vorsorglich Unterlassungen erwirken, wenn etwa immer wieder am Sonntag gearbeitet wird. Einzelne Gerichte haben Mietern darüber hinaus auch einen Anspruch auf Mietminderung zugesprochen, wenn während der zugelassenen Zeitfenster eine Lärmbelästigung von einer benachbarten Großbaustelle ausgeht.
Nicht jeder Lärm kann untersagt werden
Baustellenlärm ist in bestimmten Zeitfenstern hinzunehmen. Zunehmend sprechen Gerichte Mietern Ansprüche auf Mietminderung auch bei zu duldenden Lärmbeeinträchtigungen zu. Es gilt die Prüfung des Einzelfalls. So wird man in einem ausgewiesenen Neubaugebiet mehr dulden müssen als an anderen Orten. Sie, als Anwohner, können mit einem Schallpegelmesser* messen, wie hoch die Lärmbeeinträchtigung ist, um dementsprechend entgegen zu wirken und von Ihren Rechten Gebrauch zu machen.
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Bildquellen:
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