Wer während der griechischen Schuldenkrise die Nachrichten aufmerksam verfolgt, der wird verwundert sein über einen Gegensatz, der sich auf den ersten, den zweiten und auch nicht den dritten Blick wirklich aufklären lässt. Einerseits gilt weiter die politische Aussage, dass die Europäische Union keine Transferunion wäre. Andererseits soll durch die Hilfe an Griechenland der vollständige wirtschaftliche Zusammenbruch des Landes verhindert werden. Deshalb musste ein zusätzlicher Vertrag geschlossen werden, der die Geburtsstunde des Europäischen Stabilitätsmechanismusses ist.

19 europäische Staaten finanzieren Krisenstaaten – damit sie neuen Schwung holen

Hinter dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) steht die wirtschaftspolitische Idee, dass die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Staaten in der Euro-Zone einigermaßen ähnlich verlaufen sollte. Es soll keine Gebiete oder Länder geben, die von der Wertschöpfung abgehängt werden oder in denen die Konjunktur lahmt.

Um die entgleiste Konjunktur der Länder anzukurbeln, wird ein Maßnahmenbündel empfohlen: Einerseits geht es um die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, damit ein Land mehr Exporterlöse erzielen kann und die Konjunktur angekurbelt wird. Darüber hinaus soll der Zusammenbruch des Finanzsystems in diesem Land verhindert werden:

Mit Überbrückungskrediten wird die Zahlungsfähigkeit des Staates und die des Bankensektors aufrechterhalten. Der Löwenanteil der Mittel des ESM würde deshalb nur für Bürgschaften und Garantien verwendet, eine spätere Rückzahlung wäre wahrscheinlich. Aus dem Anspringen der Konjunktur und einer Umgestaltung der Zahlungsströme der öffentlichen Verwaltung ergibt sich die Möglichkeit der pünktlichen Rückzahlung.

Der ESM ist eine Finanzinstitution mit Sitz in Luxemburg

Der Europäische Stabilitätsmechanismus wurde als Finanzinstitution in Luxemburg gegründet, die die von den teilnehmenden Ländern gegebenen Finanzzusagen an die Krisenländer weitergeben. Da es hier um die Rettung ganzer Volkswirtschaften geht, wird der ESM umgangssprachlich auch als Rettungsschirm bezeichnet. Diese Institution macht die Kreditvergabe allerdings – ähnlich wie die EU oder der IWF – von der Zusage von Reformen und Veränderungen innerhalb des finanzierten Staates abhängig. Der Grund dafür ist, dass es sich nur um eine möglichst einmalige Anschubfinanzierung handeln soll und nicht laufende Defizite finanziert werden sollen. Das Faß ohne Boden soll damit vermieden werden.

Video: Einfach erklärt – Europäische Stabilitätsmechanismen

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Kritik am ESM: Alleine 168 Milliarden Euro Garantien aus der Bundesrepublik Deutschland

Leider kommt eine Erklärung dieses neuen Finanzinstitutes nicht ohne einen Blick auf den Rücktritt von Wolfgang Bosbach aus, der den Zwiespalt am Besten beleuchtet, in dem der Europäische Stabilitätsmechanismus arbeitet. Jenseits des Maastrichter Vertrages und der Europäischen Verträge haben 19 europäische Staaten einen Vertrag geschlossen, um Krisenländer unterstützen zu können.

Die Bundesrepublik haftet alleine mit maximal 168 Milliarden Euro Garantiekapital, welches im schlimmsten Fall abgeschrieben werden müsste. Dieses Kapital steht ganz klar im Gegensatz zu der seit Jahrzehnten kommunizierten generellen Linie, dass die Europäische Union ein vergleichsweise loser Staatenbund wäre und es keine Verpflichtung zur Haftung für Schulden anderer Mitgliedsländer geben würde. Kritiker sehen den ESM deshalb als eine Art Finanzierung durch die Hintertür.

Berater Tipp

Der ESM wird wohl einen langfristigen Charakter haben

Im Moment sieht es so aus, dass der ESM wohl einen langfristigen Charakter haben wird. Viele EURO-Staaten haben die anspringende Konjunktur und den Aufschwung leider nicht zur nachhaltigen Sanierung der Staatsfinanzen genutzt, viele Staaten sind hoch verschuldet. Der Aufschwung in China, der für die europäische Exportwirtschaft von nachhaltiger Bedeutung ist, kann bereits wieder beendet sein – weshalb eine Wachstumsdelle drohen könnte.

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Bildquelle: © istock.com/walencienne