In den letzten Monaten bekommen neue, künstliche Währungen wie Bitcoin und weitere ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Sie scheinen den Nerv der Menschen zu treffen, die sich vor einer neuen Staatsschuldenkrise sorgen. Doch: Bitcoin & Co.sind extrem instabil und unzuverlässig. Mal werden Bitcoins aus dem Wallet geklaut, mal ist die Bitcoin-Börse stundenlang nicht zu erreichen. Warum eigentlich sollte nicht ein großer IT-Dienstleister wie facebook die Idee einer Kryptowährung als Profi übernehmen. Wenn die Server von facebook sowieso schon Tag und Nacht erreichbar sind?

Der Libracoin könnte eine neue Ertragssäule werden – Diversifizierung ist Trumpf

Die Entwicklung der Facebook-Aktie und des Firmenwertes sind enorm: In etwas mehr als 15 Jahren wurde aus einem kleinen Start-Up Unternehmen ein Konzern, der Ende Juni 2019 mit fast 400 Milliarden Euro bewertet wird. Das Unternehmen revolutionierte die Art und Weise wie Menschen miteinander kommunizierten und betreibt riesige Rechenzentren in denen die Mitglieder Fotos, Beiträge und einiges mehr speichern.

Dabei galt seit Gründung ein unumstößliches Grundprinzip, welches facebook positiv von vielen anderen Unternehmen und IT-Dienstleistern abhebt. Die Nutzung bzw. Mitgliedschaft für Privatkunden bleibt kostenfrei. Der Quartalsbericht für das erste Quartal 2019 spricht von durchschnittlich 1,56 Milliarden Nutzern täglicher Aktivität (!).

Instagram, WhatsApp und Messenger sind zusätzliche Dienste. Die Idee hinter Libra als Kryptowährung könnte sein: Wenn sich die Menschen so gerne über facebook vernetzen und austauschen, warum sollte das Unternehmen nicht auch eine eigene Währung schaffen. Um Zahlungen miteinander austauschen zu können?

Viele Menschen misstrauen dem Papiergeld: Kryptowährungen auf dem Vormarsch

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und sein Team waren und sind für ihre Visionen bekannt und dass sie auch Trends aufnehmen und für die Nutzer umsetzen möchten. In der Welt der Geldanlage und der digitalen Welt ist ein Trend unübersehbar: Insbesondere seit dem viele Zentralbanken die Zinsen auf die klassischen Währungen fast abgeschafft haben, sinkt das Vertrauen in diese. Auch wegen der steigenden Staatsverschuldung.

Deshalb gibt es auf den Märkten einen enormen Sog in die Richtung, dass die Menschen eine neue Währung suchen für die nicht nur ein Staat oder eine einzelne Regierung garantieren. Mit dem Libra könnte Facebook in die Zahlungsabwicklung einsteigen und eine weitere stabile Säule für die Einnahmen schaffen. Wie ertragreich internationale Zahlungen sein können, lässt sich am Unternehmen PayPal sehen: Dieser Zahlungsverkehrsspezialist gehört zu den Aktien, die am meisten steigen und hat ein sehr profitables Geschäftsmodeell entwickelt.

Es sieht deshalb aus heutiger Sicht so aus, dass facebook in den Zahlungsverkehrsmarkt diversifizieren will, der bisher den Banken und den neuen Dienstleistern vorbehalten war. facebook wird deshalb irgendeine Kooperation mit Zahlungsverkehrsdienstleistern eingehen, um einen neuen Milliardenmarkt zu erobern.

Mit der Kryptowährung wird facebook Western Union, Moneygram & Co. in Schrecken versetzen

Neben kleineren Zahlungen zwischen Freunden und Verwandten können Sie die den Zahlungsbedarf zwischen Privatpersonen über die Ländergrenzen hinweg verstehen, wenn sie in irgendeiner größeren Stadt in der Nähe des Bahnhofs oder von Verkehrsknotenpunkten ein bisschen spazierengehen: Hier finden sich viele banbkängliche Unternehmen wie Western Union, Moneygram und ähnliche.

Deren Hauptgeschäft: Internationale Zahlungen an Verwandte, bekannte oder auch die eigene Familie – wenn jemand für ein paar Jahre im Ausland arbeitet. Insbesondere in Zielländer, in denen es nicht selbstverständlich ist, dass jeder ein Bankkonto hat. Angesichts der Milliarden Nutzer dürfte es aber wahrscheinlich wesentlich mehr facebook-Zugänge als Bankkonten geben.

Da der klassische Bankensektor für Überweisungen zwischen Ländern außerhalb des Euro-Raumes wirklich viel Provisionen verlangt kann facebook auch bei einem gemäßigten Provisionssatz viel Umsatz und Gewinn herausholen.

Berater Tipp

Mit dem neuen Coin adressiert Facebook den größten Nachteil der Kryptowährungen

Wer sich die Entwicklung der Kryptowährung Bitcoin näher ansieht, der wird erstaunt sein: Abgesehen vom kurzfristigen Rücksetzern bzw. Krisen scheint es einen enormen Aufwärtstrend zu geben. Allerdings macht der Bitcoin eher als Spekulations– und Investmentvehikel Schlagzeilen als als richtige Währung im täglichen Leben. Weiteres Problem. Der Bitcoin scheint nicht von einem großen Unternehmen garantiert zu werden, weshalb kritische Anleger immer wieder die Frage nach dem Risiko bzw. der Substanz stellen. Würde facebook eine Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen wie PayPal und Kreditkartenunternehmen für den Libra schaffen, so wäre sehr schnell für eine breitbandige Akzeptanz gesorgt. Kurz zusammengefasst: Facebook möchte in das Reich der Zahlungsdienstleister expandieren.

Titelbild: © iStock – josefkubes