Vor einigen Tagen rieben sich viele Unternehmer und auch Mitarbeiter etwas verwundert die Augen: Die Medien berichteten über eine neue Rekordzahl an offenen Stellen, 1,064 Millionen Stellen wären unbesetzt. Gleichzeitig ist aber die Arbeitslosenzahl noch nicht soweit zurückgegangen, dass von einer Vollbeschäftigung gesprochen werden könnte. Vielfach ist die Schlagzeile zu lesen, dass der „War for talents“ (Kampf um die Talente) entbrannt wäre. Spätestens jetzt sollte darüber nachgedacht werden, wie Unternehmen die offenen Stellen mit geeigneten Bewerberinnen oder Bewerbern besetzen können!

Nur mit Fairness vom ersten Moment an finden Sie die besten Mitarbeiter

Die Chance auf eine gute, langfristige Zusammenarbeit lässt sich bereits durch kleine Unachtsamkeiten oder noch schlimmer abwertendes Verhalten zerstören. Das Sprichwort „Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance“ sollte deshalb auch für das Führen von Vorstellungsgesprächen und die Rahmenbedingungen gelten. Unternehmen, die Initiativbewerbungen oder Postsendungen auf Stellenausschreibungen einfach wegwerfen und den Bewerberinnen und Bewerber nicht einmal absagen, zeigen sich arrogant und verunsichern die Bewerberinnnen und Bewerber.

Denn diese wissen nicht, ob und wo die Bewerbung abhanden gekommen ist, ob Sie nach Urlaubsabwesenheit vielleicht wochenlang bei einem Nachbarn liegt oder das Unternehmen gar nicht erreicht hat. Zwar gewöhnen sich Arbeitssuchende irgendwann an dieses Verhalten, einige merken es sich aber. Diese Geringschätzung vom ersten Moment schon vor dem Führen von Vorstellungsgesprächen bleibt in Erinnerung.

Unternehmen sollten deshalb darauf achten, professionell und wertschätzend aufzutreten. Neben dem Wegwerfen von Bewerbungsunterlagen gehören das Fehlen einer simplen Tasse Kaffee zur Begrüßung oder die Nicht-Erstattung von entstandenen Fahrtkosten zu den bewährten Killern einer möglichen Zusammenarbeit. Lange Jahre galt es unter qualifizierten Bewerbern sogar als absolutes „No-Go“ zu einem Unternehmen zu fahren, welches nicht einmal die Fahrtkosten erstattet. Diese lassen sich mit Reisekostenregelungen oder auch dem Hinweis auf Kombination aus Bahn und Mietwägen ohnehin in Griff halten.

Berater Tipp

Bieten sie Tätigkeiten für Berufseinsteiger an

Diesen Mangel an Offenheit und Begeisterungsmöglichkeiten könnten Sie durch aktives Zugehen – unter anderem auf die jüngeren Jahrgänge oder Berufsanfänger – beheben: Bieten Sie Schülerpraktika oder Werkstudenten-Tätigkeiten an, damit die Bewerberinnen und Bewerber in den Berufsalltag hineinschnuppern können.

Traditionelle Öfentlichkeitsarbeit oder soziale Medien: Steigern Sie das Bewerber-Interesse!

Bei der Suche nach den Mitarbeitern der Zukunft überlassen es viele Unternehmen mehr oder weniger dem Zufall, welche Interessenten sich letztendlich bewerben. Tage der offenen Tür oder Werksbesichtigungen wurden oftmals aufgrund hoher Anforderungen an Unfallschutz oder Sicherheitsbestimmungen erheblich in ihrem Umfang reduziert. So kann die Arbeit nur noch in wenigen Bereichen „live“ betrachtet werden.

Neben diesen personal- und ressourcenintensiven Veranstaltungen für Bewerber in der Nähe bietet sich zudem eine aktive Social Media-Strategie an: Informationen über die Leistungen und Produkte können in zielgruppengerecht aufbereiteter Form die klassischen Werbeformen ergänzen. Das Führen von Vorstellungsgesprächen wird dann wesentlich einfacher, da die Bewerberinnen und Bewerber schon informiert sind und mit wesentlich höherem Informationsstand unter mehr Gewissheit entscheiden können.

Wohlfühlatmosphäre oder Verhör: Sind Assessment Center noch zeitgemäß?

Beim Führen von Vorstellungsgesprächen gibt es je nach Branche und Unternehmensgröße ganz unterschiedliche Philosophien: Manche Unternehmen bevorzugen das individuelle Gespräch mit einem Mitarbeiter der Personalabteilung und einem weiteren aus der Abteilung, in der der neue Mitarbeiter später eingesetzt wird. Insbesondere die größeren Unternehmen setzen auf einen sehr intensiven Auswahlprozess, der auch einen ganzen Arbeitstag dauern kann.

Das Führen von Vorstellungsgesprächen tritt dabei in den Hintergrund, aus einem Bündel verschiedener Aufgaben heraus soll eine Persönlichkeitsstruktur erkennbar werden. Die Unternehmen interessieren sich dann für diejenigen Bewerberinnen und Bewerber, die möglichst exakt einem vorgegebenen Profil entsprechen. Allerdings kann dieses Format auch abschreckend wirken, insbesondere auf kreativere und ungewöhnliche Bewerber: Diese laufen Gefahr bei dieser Form des Einstellungsverfahrens niemals berücksichtigt zu werden. Stattdessen erhöhen die Assessment Center das Stressniveau und haben oftmals nicht viel mit dem späteren Berufsalltag zu tun.

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Mit Intuition, Offenheit und etwas Struktur lassen sich die besten Mitarbeiter finden

Wer als Unternehmer das Führen von Vorstellungsgesprächen als Aufgabe und ein eigenes Projekt ansieht, der wird auf lange Sicht wahrscheinlich wesentlich besser fahren. Im Vergleich zu einer „Personalarbeit so nebenbei“ profitieren das Gesamtunternehmen und auch das Miteinander im Betrieb davon. Mit Struktur finden Sie die besten Mitarbeiter, die zusammen ein Momentum an Energie, Motivation und gemeinsamem Engagement entwickeln können.

Damit lässt sich – unabhängig von der Unternehmensgröße – das Erfolgsrezept der großen Unternehmen kopieren. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das strukturierte Vorgehen sich sehr schnell rechnet und einen Vorsprung vor einer ungeplanten, nicht vorausschauenden Einstellungspolitik hat. Insbesondere soll auf Form und Außenwirkung geachtet werden insbesondere weil es sich nicht mehr um die geburtenstarken Jahrgänge handelt.
Titelbild: ©istock.com – BartekSzewczyk