Viele Arbeitnehmer wundern sich und erschrecken sich, wenn sie ihre erste Abmahnung bekommen. Der erste Gedanke lautet meist: Da der Chef sowieso den ganzen Arbeitstag in der Nähe ist, warum klärt er das nicht einfach mündlich? Die Abmahnung ist aber ein Hinweis auf eine Störung im Arbeitsverhältnis, die im Wiederholungsfall auch den Kündigungsschutz beeinträchtigen kann. Deshalb erscheint die Schriftform sinnvoller.

Der Kündigungsschutz und die Sozialpartnerschaft sind Schwergewichte

Insbesondere die Beschäftigten in Großunternehmen genießen ein sehr hohes Ausmaß des Kündigungsschutzes, welcher auch durch die „Agenda 2010“-Reformen von Ex-Bundeskanzler Schröder nicht wesentlich verschlechtert worden ist. Je nach Betriebszugehörigkeit und Unternehmensgröße sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Abfindung nur dann kurzfristig kündbar, wenn ihnen ein schwerwiegendes persönliches Fehlverhalten nachgewiesen werden kann. Meistens genügt ein einmaliges Fehlverhalten vom Arbeitnehmer nicht, um sich fristlos vom Arbeitnehmer trennen zu können. Die schriftlich zu erstellende Abmahnung dient dann zugleich als Hinweis und Führungsinstrument, um den Wiederholungsfall auszuschließen. Die Abmahnung hat an sich kein „Verfallsdatum“, ihre Aussagekraft verliert aber für eine etwaige Kündigung mit dem Lauf der Zeit an Durchschlagskraft.

Die Abmahnung ist ein vertragswirksamer Vorgang zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Im Gegensatz zu einer mündlichen Ermahnung des Vorgesetzten oder Anleitung, die Arbeit noch besser zu machen, hat die Abmahnung einen weitergehende Wirkung. Sie ist sozusagen ein ernst zu nehmender Warnschuss.

Berater Tipp
Häufig werden Abmahnungen in folgenden Fällen ausgesprochen:

Die Abmahnung ist keine Einbahnstraße – sollte aber vorsichtig genutzt werden

Die meisten Menschen wissen gar nicht, dass auch Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber eine Abmahnung schicken können, umso im schlimmsten Fall der Fälle ihrerseits eine schnellere Kündigung zu ermöglichen, wenn sie sich beruflich neu orientiert haben. Wenn Arbeitgeber beispielsweise die Gehälter nicht wie vorgeschrieben pünktlich bezahlen oder notwendige Kosten für Arbeitsmaterial nicht übernehmen, dann kann der Arbeitnehmer einen ähnlich freundschaftlichen Hinweis schicken, dass das so nicht geht. Natürlich besteht dann immer das Risiko, dass die „Gegenseite“ das Arbeitsverhältnis nicht mehr fortsetzen möchte.

Deshalb sollten Arbeitnehmer dieses Instrument sehr vorsichtig einsetzen, weil es viel zerstören kann. Unabdingbar ist es lediglich bei Hinweisen auf Fehl-Abrechnungen (beispielsweise bei gesetzlichem Bedienungsgeld und ähnlichen Rechtsansprüchen des Arbeitnehmers).

Bei ein bisschen Wertschätzung können Abmahnungen auch deeskalieren

Die Abmahnungen haben immer dann einen deeskalierenden Charakter, wenn beide Seiten zumindest noch ein bisschen Wertschätzung füreinander haben. Es kann zudem angenehmer sein, dass Fehlverhalten Arbeitnehmer schriftlich nachzulesen anstatt sozusagen vor versammelter Schicht oder Mannschaft die fraglichen Verhaltensweisen vorgehalten zu bekommen. Deshalb sollte die Abmahnung weder unter- noch überschätzt werden. Sie kann durchaus auch als freundlicher Hinweis gewertet werden: Mit ein bisschen Engagement und dem „Abstellen“ des Fehlverhaltens kann das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden. Und irgendwann wächst Gras über die Abmahnung! Das Fehlverhalten vom Arbeitnehmer verblasst dann mit der Zeit.

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© Titelbild: iStock.com – TanawatPontchour