Während Google noch mit den Verlagen um die Rechte an Inhalten verhandelt hatte, gingen diese eine Kooperation mit Facebook ein. Inhalte von „Spiegel“, „Bild“, der „New York Times“ und des britischen „Guardian“ werden jetzt teilweise komplett und gratis über das soziale Netzwerk zur Verfügung gestellt. Steckt dahinter eine Reaktion auf die Übermacht der Suchmaschine oder eher kühles, geschäftliches Kalkül?

Facebook wird zur Nachrichtenplattform

Die kostenlose Verbreitung von Artikeln wird von Tageszeitungen und Zeitschriften häufig als eine der Ursache für eine Krise in den Print-Medien beklagt. In der Tat stellt das Geschäft mit den Online-Inhalten viele Redaktionen immer noch vor sehr hohe Schwierigkeiten. Umso verwunderlicher erscheint es, dass einige führende Herausgeber eine neue Kooperation eingehen, bei der sie auf den ersten Blick nur verlieren können. Sie wollen in Zukunft ausgewählte Artikel gratis auf Facebook veröffentlichen und unterlaufen somit die eigene Politik, in der Zukunft vermehrt auf kostenpflichtige Inhalte und sogenannte „Paywalls“ zu setzen.

Damit dreht sich das Konzept der Vermarktung komplett um. Bislang setzten die beteiligten Verlage in erster Linie darauf, durch ihre Präsenz in den sozialen Medien Traffic auf die eigene Homepage und dadurch auch auf bezahlte Inhalte oder gar die Druckausgabe zu lenken. Was steckt also hinter diesem radikalen Wechsel und warum wollen die Verantwortlichen Facebook in Zukunft freiwillig und kostenlos beliefern?

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Facebook bietet attraktive Konditionen

Ein Grund für die überraschende Zusammenarbeit könnte in der Tatsache liegen, dass Facebook den Medienhäusern äußerst vorteilhafte Bedingungen angeboten hat. So können diese alle Einnahmen aus der Werbung behalten, die sie selber mit ihren Inhalten generiert haben. Auch an dem Umsatz von Anzeigen innerhalb des Facebook Audience Networks werden sie großzügig beteiligt.

70 % sollen direkt an die Herausgeber ausgezahlt werden, denen praktisch keinerlei zusätzliche Kosten für Netzwerk, Kundenbetreuung und Marketing entstehen. Außerdem behalten die Verfasser die vollen Rechte an ihren Inhalten – ein vollständiger Gegensatz zu den sonst üblichen AGB von Facebook, bei denen Nutzern selbst die Rechte an privaten Fotos an die Plattform abgeben. Sie können auch über die Anzeigen entscheiden, die auf ihren Beiträgen veröffentlicht werden.

Berater Tipp

„Instant Articles“ – ein direkter Angriff auf Google News?

Hinter der Großzügigkeit steckt auch auf Seiten von Facebook kühles Kalkül. Je länger die Nutzer in dem Netzwerk verbleiben, desto mehr Daten erzeugen sie und desto genauer lassen sich die Profile ausarbeiten. Schon seit Längerem wird außerdem in Fachkreisen davon berichtet, dass die Plattform auch als Suchmaschine funktionieren soll, um eine „Abwanderung“ auf andere Dienste zu minimieren. Die neuen Inhalte sollen als „Instant Articles“ auf Facebook gepostet werden, die – paradoxerweise – auch von Suchmaschinen wie Google indexiert werden.

Auf diese Weise werden natürlich viele Interessenten auf die eigene Plattform gelenkt, ohne dass umgekehrt Links auf die Gegenseite führen. Der Vorteil ist offensichtlich, aber es ist fraglich, ob der Konkurrent damit auch wirklich ausgeschlossen werden soll.

Der Kampf um die Markthoheit weitet sich aus

Ohne Zweifel versucht Facebook, auf Kosten von Google, Nutzer in seinem Netzwerk zu halten und auch neue Interessenten anzulocken. Es ist aber letztlich zweifelhaft, ob es damit beabsichtigt oder sogar gelingen könnte, die Marktmacht von Google News anzugreifen. Die Ausrichtung der beiden Dienste unterscheidet sich nicht zuletzt in der Tatsache, dass Facebook nur registrierten Mitgliedern zur Verfügung steht, während Google News ohne jede Einschränkung abgerufen werden kann. Wahrscheinlich ist hingegen, dass es sich hier um einen weiteren Schritt handelt, die eigene Marktmacht zu festigen.

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Bildquellen:
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