Internet-Konzerne können aufgrund ihrer Marktmacht Interessen zu Lasten anderer durchsetzen. Auch geltendes Recht verhindert dies nicht unbedingt. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist der Streit um das Leistungsschutzrecht für Presseverleger.

Leistungsschutzrecht sollte Presseverlagen entgegenkommen

Das Leistungsschutzrecht wurde noch von der letzten Bundesregierung im Rahmen einer Reform des Urheberrechtsgesetzes eingeführt. Es sollte dafür sorgen, dass bereits kleine Ausschnitte von Zeitungsartikeln – sogenannte Snippets – und zugehörige Bilder, die im Internet gezeigt werden, für ein Jahr urheberrechtlich geschützt sind.

Snippets werden zum Beispiel bei der Anzeige von Suchergebnissen von Suchmaschinen wie Google gerne eingesetzt. Oft handelt es sich dabei in der Tat um Textschnipsel von weniger als drei Sätzen, die bei Suchergebnissen zusammen mit dem Titel, einem Bild und der URL präsentiert werden.

Nach dem neuen Leistungsschutzrecht müsste der Suchmaschinenbetreiber hierfür eigentlich eine Lizenz von dem Verlag erwerben und dafür unter bestimmten Bedingungen eine Vergütung bezahlen. Die Nutzung kleinster Textausschnitte ist allerdings weiter auch ohne Vergütung möglich. Bisher war die unentgeltliche Nutzung von Snippets gang und gäbe. Die Presseverleger, die ohnehin mit Internet-Konkurrenz zu kämpfen haben, hatten daher bereits länger auf die Einführung des Leistungsschutzrechts gedrängt.

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Heftiger Streit zwischen Verlagen und Google

Seitdem das Gesetz im August letzten Jahres in Kraft getreten ist, schwelt eine Auseinandersetzung zwischen den Verlagen einerseits und Google sowie weiteren Suchmaschinen-Betreibern andererseits um die Durchsetzung. In der ersten Jahreshälfte 2014 haben sich daher zahlreiche Presseverlage zur Wahrnehmung ihrer Interessen an der VG Media als Verwertungsgesellschaft beteiligt. Zu den Anteilseignern gehören bedeutende Verlagsgrößen wie Burda, Funke, Madsack, M. DuMont Schauberg und Axel Springer.

Dem Rechtsstreit mit Google kommt dabei wegen der Marktmacht des Internet-Riesen von über 90 Prozent besondere Bedeutung zu. Im Juni wurde Klage gegen den Suchmaschinen-Betreiber erhoben, nachdem Google sich geweigert hatte, Zahlungen zu leisten. Auch beim Bundeskartellamt sind Beschwerden anhängig. Selbst der Bundeswirtschaftsminister schaltete sich ein und stellte sich dabei auf die Seite der Verlage – ohne viel Erfolg.

Verlage kapitulieren in letzter Minute

Denn der Streit eskalierte mittlerweile. Google drohte an, bei den Suchergebnissen zu Zeitungsartikeln der von VG Media vertretenen Verlage künftig nur noch die Überschrift anzuzeigen, wenn weiter auf einer Zahlung bestanden werde. Die Ankündigung wurde mit einem zunächst bis zum 9. Oktober befristeten Ultimatum versehen, das dann noch mal bis zum 23. Oktober verlängert wurde.
VG Media und Google

Gleichzeitig verlangte Google von den Verlagen eine ‚Gratiseinwilligung‚, die die unentgeltliche Snippet-Nutzung weiter möglich macht. Sie kommt de facto einer vorläufigen Verzichtserklärung auf die Ausübung geltenden Rechts gleich. Die meisten Presseverleger erfüllten unmittelbar vor Ablauf der Frist die Forderung.

VG Media musste in einer Presseerklärung diese außergewöhnliche Quasi-Kapitulation bekannt geben. Die Verwertungsgesellschaft rechnet jetzt mit einer breiten Kündigungswelle bezüglich der Wahrnehmung von Rechten. Im harten Wettbewerb untereinander und mit Internet-Anbietern beugen sich die Verlage damit dem Druck von Google.

Internet entscheidet im Wettbewerb

Auch wenn über die Klage von VG Media formal noch nicht entschieden ist, bedeutet die Gratiseinwilligung doch eine Aushöhlung geltenden Rechts nur wenige Monate nach Inkrafttreten der Gesetzesreform. Zu diesem Zeitpunkt existiert nicht einmal eine Rechtsprechung, die sich mit Auslegungsfragen befasst.

Das Google-Beispiel steht dabei nicht alleine. Auch in anderen Bereichen wird die Verlagsbranche hart bedrängt. Die Auseinandersetzungen zwischen Amazon, Buchverlagen und dem Buchhandel sind ein weiterer Fall. Sie zeigen die enorme Bedeutung des Internets im Wettbewerb. Ohne ausreichende Online-Präsenz sind auch große klassische Unternehmen zum Untergang verurteilt.

 

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Titelbild: ©iStock.com/milan2099
Textbild: ©iStock.com/pressureUA