Kaum zu glauben, aber wahr: Der Börsengang der Air Berlin ist schon beinahe zehn Jahre her. Im Jahr 2007 notierte die Aktie mit der Wertpapierkennnummer AB1000 nur sehr kurz bei knapp über 13 Euro und begann dann einen Sinkflug. Das Unternehmen häufte in den letzten Jahren Verluste an, die allerdings ein strategischer Partner (Etihad) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten jahrelang klaglos getragen hat. Umso erstaunlicher ist, dass Etihad plötzlich die Finanzspritzen eingestellt hat. Die Folge: Air Berlin ist insolvent lautete die erschreckende Meldung am Nachmittag des 15.08.2017. Für die Fluggäste und Angestellten ist die Frage entscheidend wie es denn weitergehen wird. Auch wenn es keine 100%-ige Sicherheit über ganz bestimmte Entwicklungen gibt, so lassen sich einige bemerkenswerte Tendenzen erkennen.

Die Luftfahrt bleibt Boombranche – Teile von Air Berlin sind durchaus attraktiv

Die wichtigste Frage für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Air Berlin ist wie hoch die Chancen auf die Fortführung des Arbeitsverhältnisses sind. Die Chancen sind je nach Berufsgruppe bzw. Tätigkeit äußerst unterschiedlich zu bewerten: Die meisten europäischen Fluggesellschaften haben einen Sitzladefaktor von 70-90 %! Im Klartext bedeutet dies, dass der Konkurs von Air Berlin nicht durch eine Nachfrageschwäche auf Kundenseite ausgelöst worden ist. Bedarf für die Flugzeuge, die fliegenden Besatzungen, die Technik und damit verbundene Tätigkeiten wird weiterhin bestehen.

Der komplette Wegfall von Air Berlin ist derzeit nicht vorstellbar. Wahrscheinlich mehrere Käufer werden sich den Flugbetrieb sichern und dabei die bisherige Schwäche von Air Berlin vermeiden: Es ist ein undurchschaubares Konglomerat aus Billigflieger zu europäischen Destinationen, Anbieter von innerdeutschen Flügen und Langstrecken-Fluggesellschaft. Deshalb ist damit zu rechnen, dass ein Teil der Air Berlin an eine renommierte Linienfluggesellschaft geht, für den „touristischen Teil“ (mit dem früheren Mallorca Shuttle) kommen auch Touristik-Konzerne in Frage. Air Berlin ist insolvent, dies bedeutet für die direkt im Flugbetrieb eingesetzten Mitarbeiter wahrscheinlich nicht den Weg in die Arbeitslosigkeit, sondern in neue Unternehmen.

Gute Aussichten für Flüge bis Oktober/November 2017

Die Bundesregierung reagierte vergleichsweise schnell auf die Tatsache, dass Air Berlin insolvent ist. Und gewährte einen Überbrückungskredit in Höhe von 150 Millionen Euro zur Fortführung des Flugbetriebs. Verschiedene Medien und weitere Branchenkenner versuchten darauf hin anhand der bisherigen täglichen oder monatlichen Verluste die „Reichweite“ dieses Brückenkredits zu berechnen. Allgemein wird von einem gesicherten Flugbetrieb bis Ende November 2017 ausgegangen.

Allerdings stehen diese Zahlen unter dem Vorbehalt eines sich nicht ändernden Verbraucherverhaltens. Buchen die Menschen aus Angst vor dem ersatzlosen Ausfall der Flüge nicht mehr Air Berlin, so versiegt der Zahlungsmittelzustrom. Für den Zeitraum danach betont das Air Berlin Management: Der oder die Käufer werden höchstwahrscheinlich auch die Abflugrechte und Flugrouten sowie die bestehenden Verbindungen übernehmen. Allerdings wissen Urlauber oder Geschäftsreisende nichts über die dann angebotene Produktqualität: Es könnte sich dann um ein Eurowings, Easyjet, Lufthansa-Flugzeug oder eines noch unbekannten Anbieters handeln.

Video: Air Berlin Insolvent – Wie geht es weiter?

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Mit sicheren Zahlungsarten lassen sich auch langfristige Urlaubspläne schmieden

Meistens bleibt es bei dem vergleichsweise allgemein gehaltenen Ratschlag, dass langfristige Buchungen wohl vom Käufer honoriert werden würden. Als Privat- oder Geschäftskunde sollte man bei der Absicherung der Beträge noch einen Schritt weitergehen. Denn zum Glück gibt es – anders als bei Pauschalreisen – noch keine Versicherungspflicht des Anbieters – die sich in höheren Endpreisen niederschlägt.

Berater Tipp

Absicherung über die Zahlungsanbieter

Für die Absicherung hilft das Lesen der Versicherungsbedingungen der Kreditkartengesellschaft oder des Zahlungsverkehrsanbieters. Der PayPal Käuferschutz gilt beispielsweise auch für Fahrkarten und ähnliches. Manche Kreditkartengesellschaften bieten ähnliche Zusagen beim Online-Kauf an. Nachfragen lohnt sich also!

Ein Stück Luftfahrtgeschichte geht zu Ende – ein neues Kapitel wird eröffnet

Air Berlin ist insolvent, das bedeutet auch, dass ein Stück europäischer Luftfahrtgeschichte zu Ende gehen wird: Unvergessen und unbestritten sind die Leistungen der in der Air Berlin aufgegangenen LTU aus Düsseldorf. Diese machte Ferienreisen insbesondere auf die iberischen Inseln und nach Spanien erschwinglich. Luftfahrtenthusiasten erinnern sich zudem mit Wehmut an die frühere Deutsche BA, die mit einem gehobenen Serviceangebot und bunt lackierten Leitwerken alle Sinne ansprach und im Vergleich zur sehr technikorientierten und den Verstand ansprechenden Deutschen Lufthansa AG wesentlich moderner wirkte. Die Redaktion ist zudem der Meinung, dass die Nachrichten Air Berlin ist insolvent den Markennamen so beschädigt haben, dass die Weiternutzung keinen Mehrwert schaffen würde. Deshalb werden die Käufer wohl ein ganz neues Kapitel aufschlagen.
Titelbild: ©istock.com – gk-6mt