Die Nachricht kam für Anleger wie für viele Insider gleich überraschend. Hinter den Kulissen haben sich die beiden Branchenriesen Nokia und Alcatel auf eine Fusion geeinigt – beide Aufsichtsräte haben der Einigung bereits zugestimmt. Rund zwei Drittel der Anteile werden dabei Nokia gehören, das für diese Übernahme geschätzte 15,6 Milliarden Dollar zahlen müsste.
Nokia – eine Geschichte von Höhen und Tiefen
Anfang des Jahrtausends waren die Finnen noch der unangefochtene König auf dem Handymarkt und konnten einen Anteil von 90 % und mehr aufweisen. Doch innerhalb kürzester Zeit erfolgte der Absturz. Schuld daran waren insbesondere die Smartphones – ein Trend, den der Konzern vollkommen verschlafen hatte und der ihn binnen weniger Jahre nahezu vollkommen aus den Läden verschwinden ließ.
Samsung, Apple und chinesische Neueinsteiger wie Huawei schienen die Namen der Zukunft zu sein. Noch vor kurzer Zeit wurde deshalb hinter der Hand und immer lauter auch öffentlich über den baldigen Zusammenbruch von Nokia spekuliert. Wohl zu Unrecht, denn sollte die Übernahme gelingen, würden die Finnen auf einen Schlag zu den größten Anbietern bei den Mobilfunknetzen gehören – mit einem Jahresumsatz von 26 Milliarden Euro auf Augenhöhe mit dem schwedischen Ericsson und noch vor Huawei.
Die Konkurrenz aus Fernost dürfte auch primär im Visier der Finnen stehen.
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Nokia bietet einen Aktiendeal an
Der Zusammenschluss soll über einen Aktientausch erfolgen, der auf den ersten Blick durchaus interessant für Alcatel-Anleger sein dürfte. Für jedes Papier würden diese 0,55 Nokia-Aktien erhalten und hielten anschließend 33,5 % an dem gemeinsamen Konzern in der Hand.
Die Geschäftsführung soll in Finnland bleiben, ohne die Präsenz in Frankreich reduzieren zu müssen. Dies dürfte vor allem ein Zugeständnis an die Politik sein, denn für den französischen Präsidenten François Hollande sind vor allem die Arbeitsplätze von Interesse, die ein Zentrum seiner offiziellen Politik zur Sanierung der angeschlagenen Wirtschaft sind. Bei einer Gefährdung würde er deshalb wohl kaum Mittel und Wege scheuen, den Deal noch zu vereiteln. Die Strategie scheint auch tatsächlich aufzugehen.
Nach einem Blitztreffen mit Nokia-Chef Rajeev Suri, Alcatel-CEO Michel Combes, François Hollande und dessen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron fand dieser nur lobende Worte und sprach von einem „Schritt in Richtung Zukunft“.
Neue Ausrichtung mit einer gut gefüllten Kriegskasse
Unabhängig von dem Ausgang der Verhandlungen steht eines jedoch mit Sicherheit fest. Eine Rückkehr des alten Nokia-Handys wird es nicht geben. Denn bereits 2012 hatte der Konzern seine Handysparte an Microsoft Windows verkauft und nach Schätzungen von Analysten rund 5,5 Milliarden Euro damit eingenommen.
In der Folge hatte sich das Unternehmen neu positioniert und macht den größten Teil seines Umsatzes mittlerweile mit Netzwerktechnik. Selbst der Einstieg in den Markt für digitale Karten könnte nur ein Zwischenspiel gewesen sein. Angeblich wird bereits ein Verkauf des eigenen Dienstes Here geprüft, dessen Verkauf bis zu 6,9 Milliarden Euro einbringen könnte.
Gleichzeitig soll die Übernahme dazu beitragen, die Ausgaben drastisch zu senken. Besonders auf der operativen Ebene sollen massive Einsparungen möglich sind, die bis zu 900 Millionen Euro im Jahr betragen könnten.
Hat Nokia eine neue Strategie gefunden?
Es sieht in der Tat so aus, als ob den Finnen ein wahrer Befreiungsschlag gelungen wäre. Der Deal birgt für sie zahlreiche Vorteile, die bei den Kosteneinsparungen beginnen und bei der Vergrößerung der Absatzmärkte enden. Denn während Alcatel vor allem in den USA präsent ist, deckt Nokia den europäischen und asiatischen Markt ab.
Entscheidend wird unter anderem sein, ob es gelingt, das schnelle Tempo einzuhalten und dass keine weiteren Schwierigkeiten auftreten. Bei einem Projekt dieser Größe ist das keine Selbstverständlichkeit.
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