Mit der von der amerikanischen Notenbank (Federal Reserve) verkündeten Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte vergößert sich der Abstand der Zinsen zwischen dem „Euro-Raum“ und den USA noch weiter. Da die Leitzinserhöhungen vom Bankensektor meist leicht zeitverzögert an die Kunden weitergegeben werden, bedeutet dies: Sparer profitieren von den neuen Zinsen. Die Aufnahme von Krediten für Unternehmen und Privatpersonen wird jedoch teurer. Zudem verabschiedet sich die FED von der Niedrigzinsphase, die von manchen – insbesondere in Europa – schon beinahe als „neue Normailität“ akzeptiert wird. Doch warum sollen die Zinsen steigen? Ein Blick auf die Veröffentlichungen der FED und die wirtschaftliche Lage in den USA beleuchtet die Zinserhöhung.
Die Leitzinserhöhung zum 14. Dezember setzt wirtschaftspolitische Ziele um
Die amerikanische Notenbank versucht schon seit Jahrzehnten ihren Zinsentscheidungen eine Struktur zu geben. Ähnlich wie die Bundesbank seit den 1960er-Jahren wurden einige wirtschaftspolitische Ziele definiert, an denen sich die Festlegung des Leitzinses orientieren sollte. In den USA sind es das Ziel der Vollbeschäftigung (also eine möglichst geringe Arbeitslosigkeit) und ein Inflationsziel von 2 Prozent.
Trotz der etwas deftigen Kampagne des damaligen Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump, ist die US-Wirtschaft anscheinend in keinem so schlechten Zustand, dass sie erst wieder großartig gemacht werden müsste. Die Arbeitslosenzahlen bzw. die Neuanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA bleiben auf niedrigem Niveau. Einer der bedeutendsten amerikanischen Aktienindizes – der Dow Jones – konnte dieses Jahr schon beinahe 25 Prozent zulegen und notiert bei mittlerweile über 24.500 Punkten.
Angesichts dieser Wertsteigerungen könnte die FED eine Überhitzung der Konjunktur vermuten und versuchen das Wachstum durch leicht erhöhte Zinsen etwas einzubremsen. Aus diesem Blickwinkel heraus macht eine Leitzinserhöhung um gerade mal 0,25 Prozent Sinn.
Geldhunger statt Schuldenbremse – Die US-Staatsverschuldung steigt weiter
Im deutschen Grundgesetz wurde inzwischen eine Schuldenbremse eingezogen, die die Staatsneuverschuldung sukzessive verringern soll. Sodass im Haushalt die berühmte schwarze „Null“ stehen soll, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auch bei seiner Verabschiedung als Bild geschenkt worden ist.
Der amerikanische Staatshaushalt kennt keine Schuldenbremse. Stattdessen gibt es in den USA ein jährliches Zerren zwischen der Regierungspartei und der Opposition um eine Art Gesamtlimit der Verschuldung („debt ceiling on US debt“) bzw. ob dieses Limit wieder erhöht wird. Es gibt politische Diskussionen bis hin zu einer Haushaltssperre für die Bundesbehörden, die zu einem Stillstand im öffentlichen Dienst („government shutdown“) führen würde.
Der ausländische Betrachter nimmt dieses Spiel mit Argwohn zur Kenntnis. Inzwischen gehört es aber fast zum politischen Ritual, sodass sich die Kursausschläge an den Börsen in Grenzen halten. Damit ausländische Anleger weiterhin US-Staatsanleihen kaufen, müssen die Zinsen attraktiv sein. Die Zinserhöhung zieht Kapital an und ermöglicht dadurch das Stillen des Geldhungers.
Keine Zinsen verteilen Vermögen um
Ein weiterer Grund liegt in der traditionellen Betonung des privaten Ansparens für die Rentenphase. In der erst in diesem Jahrzehnt wirksamen Niedrigzinsphase hat sich ein Szenario entwickelt, in dem sich Sparen in festverzinsliche Wertpapiere nicht mehr lohnt. Bei Zinsen unterhalb der Inflationsrate können die Menschen keinen Wertzuwachs mit Zinspapieren mehr erzielen. Weshalb kritische Beobachter schon von einer schleichenden Enteignung durch die Niedrigzinsphase sprechen.
Der Mittelstand leidet
Eine Umverteilung vom Mittelstand weg ist die Folge der Nullzins- und Niedrigzinsphase. Die Leitzinserhöhung vom Dezember 2017 setzt dabei das Ziel um, die Anleihenmärkte zu stärken und sich vom japanischen Modell der Nullzinsphase einen weiteren Schritt zu entfernen.
Eine bedachte Zinspolitik gleicht die Interessen von Sparern und Kreditnehmern aus
Jede Leitzinserhöhung ist immer ein Kompromiss zwischen mehreren, sich widersprechenden wirtschaftlichen Zielen. Das Zinsplus sorgt für mehr Zinserträge bei Sparerinnen und Sparer, verteuert im Gegenzug aber Investitionen von Unternehmen oder auch in Immobilien.
In der Zusammenfassung kann deshalb gesagt werden, dass dieser 0,25 % Schritt aus heutiger Sicht eine richtige Maßnahme ist und auch die amerikanische Währung nachhaltig stärken könnte. Diese hat seit einiger Zeit gegenüber dem Euro massiv an Wert verloren und könnte jetzt in eine Phase neuer Stärke eintreten. Die Basis jeder Leitzinsveränderung ist ein bestimmtes Bild der wirtschaftlichen Entwicklung bzw. ein Zielkorridor, der einzuhalten wäre.
Titelbild: ©istock.com – Eshma
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