Für viele Menschen ist die Inflationsrate eine sehr bedeutende Zahl mit einem hohen Informationswert. Aus diesem Grund findet sie sich sowohl in den Fernsehnachrichten und an prominenter Stelle im Wirtschaftsteil der Zeitung wieder. Sie wird aber auch gerne als Argument für eine Preiserhöhung bestimmter Güter (wie beispielsweise Bahnfahrkarten oder auch bei Produkten aller Art) verwendet. Denn schließlich wären die Entstehungskosten ja „ebenso gestiegen wie die übrigen Güter auch“. Grund genug die Inflationsrate und deren Entstehung einmal detaillierter zu betrachten.

Am Besten wird diese aufsummierte Zahl verständlich, wenn man sich den Berechnungsprozess etwas detaillierter ansieht:

1. Grundlage sind die Verbraucherpreise

Die Inflationsrate soll die tatsächlichen von Privatverbrauchern verlangten Endpreise möglichst exakt abbilden. Deshalb ist die Bemessungsgrundlage nicht ein Großhandelspreis oder der zwischen Unternehmen verlangte Verrechnungspreis. Die Inflationsrate wird deshalb aus einem typischen Warenkorb berechnet, der für ganz unterschiedliche Haushaltstypen angelegt wird. Dabei sind sowohl Single-Haushalte, als auch typische Mehrpersonen-Familienhaushalte vertreten.

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2. Die komplizierte Hochrechnung beginnt mit einem Feinanschreibe-Monat

Ausgangspunkt für die Berechnung des Warenkorbes und dann der Inflationsrate sind die detaillierten Informationen, die Privathaushalte gegen ein kleines Entgelt freiwillig zur Verfügung stellen: Sie schreiben während eines sog. Feinanschreibe-Monats jeden einzelnen, gekauften Artikel auf. Das Statistische Bundesamt errechnet daraus dann den Anteil der Ausgaben für jede einzelne Produktkategorie bzw. auch in Anspruch genommene Dienstleistung. Bis zum nächsten Feinanschreibe-Monat werden diese Ausgaben dann mit den tatsächlichen Verbraucherpreisen hochgerechnet und unter der Annahme eines gleichbleibenden Verbrauchs hochgerechnet. Aus dieser Hochrechnung ergibt sich dann, um wieviel der Warenkorb binnen eines Monats oder eines Quartals teurer geworden ist.

Inflationsrate in der EU nach Monaten Juli 2014

Europäische Union: Inflationsrate von Juli 2013 bis Juli 2014 (gegenüber dem Vorjahresmonat)    
Jul ’13 1.70 in %
Aug ’13 1.50 in %
Sep ’13 1.30 in %
Okt ’13 0.90 in %
Nov ’13 1.00 in %
Dez ’13 1.00 in %
Jan ’14 0.90 in %
Feb ’14 0.80 in %
Mär ’14 0.60 in %
Apr ’14 0.80 in %
Mai ’14 0.60 in %
Jun ’14 0.70 in %
Jul ’14 0.60 in %

3. Gewichtung der verschiedenen Warenkörbe

Um „die“ Inflationsrate zu berechnen werden dann die Inflationsraten bzw. Preissteigerungsraten der einzelnen Haushaltstypen zueinander gewichtet und addiert. Aus diesen verschiedenen Warenkörben ergibt sich dann eine durchschnittliche Inflationsrate für die Gesamtbevölkerung. Diese sorgt natürlich immer wieder für Diskussionen und Irritationen: Da nicht jeder genau das gleiche Ausgabeverhalten wie die Durchschnittsbevölkerung hat, sehen manche die wirkliche Inflationsrate höher oder niedriger als diejenige, die gerade publiziert wird.

Diesem Effekt begegnet das Statistische Bundesamt damit, dass es detailliertere Informationen für die unterschiedlichen Verbrauchertypen gibt. Auf diese Art und Weise ist auch der etwas ungewöhnliche Begriff der gefühlten Inflation entstanden. Diese ist aber durchaus verständlich: Studierende und Personen mit unterdurchschnittlichem Einkommen geben meist vergleichsweise viel für die Miete und die Nebenkosten aus. Steigen dann die Energiekosten, dann sinkt das frei verfügbare Einkommen vergleichsweise stark. Deshalb werden alle anderen Konsumgüter – auch bei einem pro Artikel fast gleich bleibenden Preis – als wesentlich teurer als vorher wahrgenommen.

Aus diesem Grund sollten Inflationsrate und die dahinter stehenden Warenkörbe auch regelmäßig und detailliert erklärt werden, damit die Aussagekraft verstanden wird und es nicht irgendeine „Phantomzahl“ wird, die nicht verstanden wird.

Über den reinen Berechnungsprozess der Inflationsrate hinaus wird immer mal wieder Kritik an dieser prägnanten, einprägsamen Zahl laut: Eine hohe oder niedrige Inflationsrate an sich wäre eigentlich gar nicht erstrebenswert, wenn die Löhne Schritt halten würden. Trotz der hohen Aussagekraft der Zahl sorgt allerdings die Produktveränderung durch die Hersteller immer mal wieder für Unmut. Wird beispielsweise bei einem Auto in der neuen Generation das Basismodell nicht mehr angeboten, so wird die Berechnung der Inflationsrate außerordentlich schwierig: Irgendwie muss aus dem neuen, höheren Preis die Produktqualität herausgerechnet werden. Und was ist mit denjenigen Kunden, die wirklich nur das frühere Basismodell gekauft hätten?

Berater Tipp
Abgesehen von der Frage der Veränderung der Produktqualität und deren korrekte Einrechnung ist aber die Inflationsrate eine durchaus sehr aussagekräftige Zahl. Verbraucher können die Teilwerte beispielsweise auch für Lebensmittel in ihrem örtlichen Supermarkt zum Vergleich heranziehen, ob die eigene Einkaufsstätte mehr Preisaufschläge als üblich verlangen würde.

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Titelbild: © apops – fotolia.com