In der letzten Zeit häufen sich – zumindest gefühlt – die Arbeitskämpfe der einzelnen Gewerkschaften. Die Zugverspätungen und Unannehmlichkeiten der Eisenbahnerstreiks sind noch vielen sehr gut im Gedächtnis haften geblieben. Da ruft die IG Metall zu Streiks in der Metallindustrie auf. Muss das denn wirklich sein? Die Antwort auf diese Frage findet sich in den folgenden Abschnitten.

Das Grundprinzip gemeinsam ausgehandelter Löhne statt staatlicher Lohnfestsetzung

Hauptgrund für die regelmäßigen Lohn- und Tarifverhandlungen ist die marktwirtschaftliche Grundorientierung in der Bundesrepublik. Anders als in einer sozialistischen Staatswirtschaft sind die Lohn. und Arbeitsbedingungen im Wesentlichen das Ergebnis der Verhandlungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Staat hält sich mit Ausnahme der Setzung von Mindeststandards wie beispielsweise beim Mindestlohn, der maximal zulässigen Arbeitszeit oder auch Bestimmungen zur Arbeitssicherheit weitestgehend zurück. Aus diesem Grund sind die Verhandlungen über Lohnsteigerungen, freiwillige betriebliche Leistungen oder auch Veränderungen in der freiwillligen betrieblichen Altersversorgung beim Arbeitgeberverband und den Gewerkschaften am Besten aufgehoben.

Video: Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie

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Die IG Metall möchte mehr als die angebotenen 2,2 % Lohnsteigerung haben

Der Ausgangspunkt der diesjährigen Tarifverhandlungen ist ähnlich wie in den Vorjahren: Die Gewerkschaften möchten die Lebensstandards der arbeitenden Menschen erhöhen und fordern eine Lohnerhöhung, die die Inflationsrate übersteigen würde. Diese soll auch Gewinne durch Produktivitätssteigerungen abfangen und den Arbeitnehmern einen fairen Anteil sichern. Die IG Metall geht dieses Jahr mit einer Forderung nach einer Lohnerhöhung von 5,5 % und einer Verbesserung der Bedingungen für die Altersteilzeit in die Verhandlungen. Ein weiteres Anliegen der Gewerkschaften ist die Einführung einer Bildungsteilzeit, die allerdings auf beiden Seiten für erheblichen Diskussionsbedarf sorgen dürfte. Während der Tarifverhandlungen werden beide Seiten ausloten, wie viel Kompromissbereitschaft auf jeder Seite vorhanden ist und der wahrscheinliche Vertragsabschluss wird irgendwo in der Mitte zwischen 2,2 % und 5,5 % liegen.

Kleine Streiks zu Beginn der Verhandlungen sollen die Kampfbereitschaft zeigen

Im Moment gibt es – ganz im Gegensatz zur Streikstrategie der Gewerkschaft der Lokführer – bei der IG Metall nur einige wenige Betriebe, die für einen kurzen Zeitraum bestreikt werden. Damit möchte die Gewerkschaft zeigen, dass Metallindustriesie ihre Mitglieder mobilisieren kann. Wer die Nachrichten liest, der findet heute die fast schon als klassisch zu bezeichnenden Bilder von Streikenden mit ihren roten Streikwesten oder IG-Metall-Fahnen vor den bestreikten Betrieben. Übrigens erleidet der Arbeitgeber außer dem Produktionsausfall keinen Schaden: Die durch den Streik ausgefallenen Arbeitsstunden muss er nicht bezahlen.

Die Streikenden, die Gewerkschaftsmitglieder sind, erhalten das Streikgeld von ihrer Gewerkschaft. Nach diesen Warnstreiks können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf die sogenannte Friedenspflicht verlassen: Während der Tarifverhandlungen ist ein weiterer, längerer Streik ebenso ausgeschlossen wie die Gegenmaßnahme, die sich Aussperrung nennt. Erst wenn sich beide Seiten nicht auf einen neuen Tarifabschluss einigen können, dann gibt es weitere Arbeitskampfmaßnahmen.

Berater Tipp

Dieses Jahr ist keine schnelle Einigung in Sicht

Die Tarifverhandlungen in diesem Jahr erscheinen auf den ersten Blick wesentlich komplizierter als in den Vorjahren zu sein. Das Verhandlungspaket ist etwas komplizierter, weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den letzten Jahren Lohnzurückhaltung geübt haben. Deshalb trifft dieses Jahr ein gewisser, als berechtigt anzusehender Nachholbedarf auf die Arbeitgeberseite. Diese ist allerdings durch die Russland-Krise, einen möglichen Austritt Griechenlands aus dem Euro und eine allgemeine Konjunkturunsicherheit ziemlich belastet.

Bei der Frage der Bildungsteilzeit bzw. höheren Ausgaben der Unternehmen für die Fortbildung ist die Grenzziehung auch nicht sehr einfach. So betätigen sich einige Gewerkschaften auch als Bildungsträger, so dass diese Forderung auf ein Misstrauen der Arbeitgeberseite treffen kann. Zudem kann es durchaus unterschiedliche Vorstellungen darüber geben, welche Bildungsmaßnahme sinnvoll für den Betrieb oder Mitarbeiter ist. Viele Fortbildungen dienen ja dem Aneignen von nicht im Betrieb nutzbaren Kenntnissen wie beispielsweise fortgeschrittene EDV-Kenntnisse über den Anwenderbereich hinaus. Deshalb wird sich die Tarifrunde 2015 sicherlich etwas länger hinziehen, worauf auch die Ankündigung der IG Metall von massiven Warnstreiks hindeutet.

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