Es fällt Deutschland in diesen Tagen sehr schwer, seine Bündnisaufgaben in der Nato zu erfüllen. Das Kontingent, welches die Bundeswehr für die Eingreiftruppe Osteuropa stellen soll, steht zur Zeit nicht vollständig zum Einsatz bereit. 

Operative Probleme kennzeichnen den Zustand der Bundeswehr

Ein vertrauliches Papier des Bundesministeriums soll belegen, dass vor allem keine Kampfpanzer, welche die Bundeswehr der Eingreiftruppe stellen muss, zur Verfügung stehen. Dieser Fall wird für Deutschland besonders peinlich, denn ab 2019 wird die Bundeswehr offiziell die Truppenführung der „Very High Readyness Joint Task Force“, abgekürzt VJTF, übernehmen. Die Engpässe und Schwachpunkte bestehen jedoch nicht allein bei Panzern. Sie betreffen die gesamte Materialbandbreite vom Eurofighter bis zum Sturmgewehr.

Für das Material bei Heer, Marine und Luftwaffe gilt im Normalfall, dass es zu je einem Drittel sofort zum Einsatz gelangen müsste, ein Drittel befindet sich in der Instandhaltung und das letzte Drittel wird in der Ausbildung verwendet. Dieser Grundsatz kann beim jetzigen Zustand der Bundeswehr nicht eingehalten werden. Die Nato lag lange auf Friedenskurs, doch jetzt wachsen wieder ganz neue Krisenfälle. Das größte Problem stellt dabei die im Aufbau befindliche Nato-Truppe im osteuropäischen Raum dar. Fast sämtliches Material der deutschen Armee kann zu weniger als einem Drittel verwendet werden. Es fehlen zudem Unterstützungsfahrzeuge, Nachtsichtgeräte, Bekleidung und Granatmaschinenwaffen.

Video: Verteidigung: Wehrbeauftragter zeichnet düsteres Bild vom Zustand der Bundeswehr

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Heer nur bedingt einsatzbereit

Im Heer gibt es z.B. die nachfolgenden problembehafteten Waffensysteme:

  • Nur 99 der 244 Panzer vom Typ Leonhard sind einsatzfähig.
  • Von 388 Schützenpanzern vom Typ Marder funktionieren 222.
  • Der Heereskampfhubschrauber Tiger steht lediglich mit 12 von 27 Stück zur Verfügung. Der Absturz eines Tigers in Mali 2017 konnte immer noch nicht aufgeklärt werden.
  • Beim mittleren Transporthubschrauber NH 90 können nur 9 von 48 Maschinen eingesetzt werden.
  • Das Sturmgewehr G36 zeigte beim Afghanistaneinsatz große Treffunsicherheiten.

Insgesamt weist das Material bei der Bodentruppe die größten Defizite auf. Sie können auch nicht besonders schnell ausgeglichen werden. Insider sprechen von einem Skandal.

Probleme in Wasser und Luft

Selbst auf der See lässt der Zustand der Bundeswehr zu wünschen übrig. Die Marine verfügte im Februar 2018 über kein einsatzfähiges U-Boot. Die Fregatte F125 sollte alte Typen ersetzen und kostet pro Stück 700 Millionen Euro, die Pannenserie mit diesem Typ nimmt jedoch nicht ab. Besonders die erste Fregatte „Baden-Württemberg“ kommt nicht aus den Negativschlagzeilen.

In der Luft setzt sich das Debakel fort. Von 123 Eurofightern sind ca. 40 startklar, von den 90 Jagdbombern Tornado weniger als 30. Dazu ist das System hoffnungslos veraltet, der Erststart erfolgte bereits 1974. Jede zweite Maschine bleibt wegen technischer Mängel im Hangar. Die Auflistung des desolaten Luftmaterials wäre weiter fortsetzbar.

Sparsamkeit der Vergangenheit bringt aktuelle Mängel

Der Sparkurs der Vergangenheit verursachte den aktuell schlechten Zustand der Bundeswehr. Eine weitere Ursache für die Probleme besteht in der Schwierigkeit, Ersatzteile zu bekommen. Durch die Verkleinerung der Bundeswehr und der Waffensysteme wird die Ersatzteilproduktion für alte Produktionslinien nicht mehr lohnend. Die Waffenindustrie möchte deshalb lieber neues Gerät liefern. Die Treffunsicherheit des Gewehres G36 in Afghanistan wird jedoch auf die dortigen hohen Temperaturen zurückgeführt, in Osteuropa soll das G36 funktionieren. Die Zukunft wird zeigen, ob der Zustand der Bundeswehr den aktuellen Erfordernissen angepasst werden kann und ob die neue GroKo Antworten auf die Probleme findet. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen steht vor schwierigen Aufgaben.

© Titelbild: iStock.com – huettenhoelscher