Vollkommen überraschend trat am Montag Erwin Sellering als Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern aus gesundheitlichen Gründen zurück. Er möchte und muss sich der anstrengenden Therapie gegen den Lymphdrüsenkrebs unterziehen und stellt deshalb sein Amt zur Verfügung. Weil er dem Bundesland einen vollkommen gesunden, tatkräftigen Ministerpräsidenten wünscht. Damit kommt unerwartet schnell das SPD-Personalkarussell in Bewegung. Parteianhänger und die Wählerinnen und Wähler der SPD hoffen dass die Partei eine glücklichere Hand hat als bei der Aufstellung des Kanzlerkandidaten Martin Schulz.

Ausgangspunkt Landesverfassung – und ihre Unterschiede zum Grundgesetz

Der Rücktritt von Erwin Sellering hinterlässt eine spürbare Lücke nicht nur in der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns, sondern trifft die SPD auch in einer sehr kritischen Phase des Bundestagswahlkampfes. Nach neuesten Umfragen ist der Abstand zur CDU/CSU bundesweit weiter gestiegen. Da hätte es geholfen, wenn in Mecklenburg-Vorpommern ein starker Ministerpräsident zumindest den Rückenwind und die Bekanntheit seiner Regierungszeit im Land hätte mitnehmen können.

Nun kann der Landtag gem. den Regelungen der Landesverfassung mit der Mehrheit des Landtags einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Die dortige große Koalition – in der umgekehrten Reihenfolge – also mit der SPD als größeren Partner verfügt über eine komfortable Mehrheit. Deshalb ist davon auszugehen, dass der nach dem Rücktritt von Erwin Sellering zu wählende neue Kandidat von der SPD kommen wird und auch die Mehrheit im Parlament findet. Der Landtag kann auch jemanden wählen, der bisher nicht im Landesparlament war. Dies unterscheidet die Wahl von der Wahl zum Bundeskanzler bzw. Bundeskanzlerin, die immer aus den Reihen des Bundestags kommen muss.

Mit Manuela Schwesig schlägt die SPD eine vergleichsweise junge Politikerin vor

Die SPD Mecklenburg-Vorpommern bereitet ausweislich der Veröffentlichung auf der eigenen Homepage einen Sonderparteitag für den 1. Juli 2017 vor, an dem Manuela Schwesig zur Landesvorsitzenden der Partei gewählt werden soll. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die SPD-Landtagsabgeordneten Manuela Schwesig als Kandidatin für das Amt der Ministerpräsidentin vorschlagen werden.

Ob sie die Funktion als Ministerpräsidentin dann auch ausüben kann, hängt von der Wahl des Landtages ab. Allerdings sind die Meldungen noch zu frisch, als dass sich die Erfolgschancen abschätzen lassen würden. In der Theorie wäre auch denkbar, dass die CDU keinen SPD-Kandidaten wählt, um Neuwahlen zu erzwingen. Die nächsten Tage und Wochen werden dann zeigen, ob eine Parlamentsmehrheit zustande kommt.

Video: Rücktritt von Erwin Sellering: Martin Schulz zur Nachfolge am 30.05.17

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Personalrochade in Berlin – Die SPD besetzt weitere Ämter um

Wenn Manuela Schwesig nach dem Rücktritt von Erwin Sellering tatsächlich Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern wird, dann kann sie ihr Amt als Bundesfamilienministerin nicht mehr ausüben. Obwohl das Grundgesetz vorsieht, dass eigentlich die Bundeskanzlerin frei die Minister ernennen kann, ist davon auszugehen, dass die SPD lt. Koalitionsvertrag einen Vorschlag unterbreiten darf. Und dieser von der Bundeskanzlerin auch angenommen wird.

Theoretisch könnte sie auch in Konfrontation gehen und den ersten Kandidaten der SPD ablehnen, um im Wahlkampf weiterhin an Fahrt gewinnen zu können. Da unsere Redaktion von außen nicht in diese Überlegungen hereinblicken kann, lässt sich für die SPD-Personalrochade in Berlin aus heutiger Sicht nur eine wahrscheinliche Neubesetzung angeben. Pressemeldungen zufolge soll Katarina Barley das Amt der Bundesfamilienministerin übernehmen, Hubertus Heil soll SPD-Generalsekretär werden.

Etwa 1,6 Millionen Menschen stehen derzeit ohne Ministerpräsident da

Mecklenburg-Vorpommern gehört mit seinen etwa 1,6 Millionen Bevölkerung zu den kleineren Bundesländern und rangiert in der Bedeutung etwa auf Höhe der Stadtstaaten wie Hamburg und Bremen oder auch das Saarland. Dennoch kann es für die CDU leichter werden dieses kleine Bundesland zu erobern. Die wahrscheinlich von der Bundeshauptstadt nach dem Rücktritt von Erwin Sellering zurück entsandte neue Ministerpräsidentin muss erst vor Ort bekannter werden und kann nicht so direkt auf eine jahrelange, erfolgreiche Regierungsarbeit in diesem Bundesland zurückblicken.

Deshalb wird wohl außergewöhnliches Engagement beim Wahlkampf vor Ort notwendig sein, um diesen Rückstand wieder aufholen zu können. Und damit das Momentum der erfolgreichen Arbeit im Landtag sich auch auf die Bundestagswahl überträgt. Der Rücktritt von Erwin Sellering trifft die SPD zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt.

Titelbild: ©istock – AndreyPopov