Viele auch sehr erfahrene Journalisten und Beobachter der Weltpolitik sind – genauso wie viele Leserinnen und Leser – sehr erstaunt über die plötzliche Verschlechterung des Ansehens von Katar. Scheinbar ohne Vorwarnung ist das Scheichtum in die Ungnade der Nachbarstaaten oder der Weltpolitik gefallen. Einige Länder entzogen den Fluggesellschaften Katars inzwischen die Landerechte, auch drohen Wirtschaftssanktionen. Im Fernsehen waren die ersten Hamsterkäufe der Bevölkerung zu sehen! Deshalb lautet die Frage: Wann eskalieren die Probleme und kommt es zu einer neuen Golfkrise.

Wachsende Kritik seit der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft: Ausgangspunkt kritischer Beobachtung

Einer der Ausgangspunkte der Katar-Krise 2017 liegt mittlerweile schon sieben Jahre zurück: Damals kamen der ehemalige Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer und weitere Fußballfunktionäre enorm ins Gerede. Es verdichteten sich die Hinweise, dass Franz Beckenbauer nicht nur bei der Fußball-WM in Deutschland zwielichtige Zahlungen zumindest gebilligt habe. Sondern dass bei der Vergabe nach Katar nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein könnte. Zeit Online berichtete, dass nur 22 Stimmen über den WM-Ort entscheiden würden und stellte die Frage, ob die Abstimmung nicht so frei und unabhängig sein würde, wie sie eigentlich sein soll.

Zu diesem Zeitpunkt – könnte man sagen – haben nicht nur die Investigativ-Journalisten Witterung aufgenommen. Die Behandlung von ausländischen Mitarbeitern warf ebenso Fragen auf wie die Tatsache eine WM in ein bevölkerungsmäßig so kleines Land zu geben. Katar glänzte nicht – wie erhofft – in der Öffentlichkeit, sondern stand zunehmend unter Beobachtung. Zudem ist die politische Stabilität des Mittleren Ostens zunehmend geringer geworden: Einerseits durch den Terrorismus durch den sog. IS und weitere Gruppen, aber auch die offene Frage wie sich die Terroristen denn finanzieren würden.

Trotz wachsender Kritik und Skepsis gegenüber der Regierung in Katar kamen Luftblockade und Wirtschaftssanktionen durch die Nachbarländer am Golf einigermaßen überraschend. Die Nachbarländer erheben den – noch nicht detailliert veröffentlichten und begründeten – Vorwurf, dass Katar sich an der Terror-Finanzierung beteiligen würde. Damit hätte die jahrelange Suche nach der Finanzdrehscheibe von IS & Co. bzw. den Geldquellen ein Ende gefunden.

Allerdings streitet die Regierung von Katar dies ab und erhebt bei der internationalen Luftfahrtorganisation Einspruch gegen das Landeverbot. Damit wird der Konflikt zwischen arabischen Nachbarstaaten offiziell in den Institutionen der Weltpolitik ausgetragen. Diesen weitgehenden Schritt der Isolierung Katars wird Saudi-Arabien nicht ohne Beweise unternommen haben. Welche dies sein könnten: Der nächste Absatz bietet Lösungshinweise.

Video: Expertengespräch zur Katar-Krise

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Analyse internationaler Finanzströme zur Drogen- und Terrorismusbekämpfung

Viele Menschen erinnern sich wahrscheinlich noch, dass sie etwa um das Jahr 2005 und in den nachfolgenden Jahren gebeten wurden bei einer Kontoeröffnung immer den Personalausweis oder den Reisepass mit Meldebescheinigung vorzulegen. Dies war früher undenkbar, da wurde die Vorlage des Ausweises nur bei außergewöhnlichen Umständen verlangt. Das Ziel war eine eindeutige Zuordnung der Bankkonten zu echten Personen. Später kamen Steuernummern hinzu, um die Versteuerung der Zinserträge sicherzustellen. In diesem Zusammenhang wurden auch Briefkastenfirmen mit unbekannten Eigentümern weitestgehend verboten. Damit war der Zahlungsverkehr so transparent wie niemals zuvor.

Folgende Maßnahmen wurden zur Bewachung des internationalen Zahlungsverkehrs eingeführt:

  • Meldungen von größeren Zahlungen an die Zentralbanken. Entweder durch den Kunden selbst (Routine-Meldung) oder aber durch die erweiterte Compliance-/Geldwäschevermeidungs-Funktion der Banken.
  • Routinechecks und Datenverarbeitung zur Erkennung von Unregelmäßigkeiten
  • Anmeldepflicht des Bargelds bei Ein- und Ausreise (meist ab 10.000 Euro pro Person), neue Funktion für den Zoll
  • Teilweise Abschaffung der größten Banknonten, um Bargeldschmuggel zu erschweren

Berater Tipp

Wahrscheinlich sind Beweise vorhanden

Aufgrund dieses Maßnahmenbündels besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass Saudi-Arabien oder Teilnehmer des internationalen Zahlungsverkehrs Unregelmäßigkeiten entdeckt haben und zumindest teilweise vorlegen können.

Das Konfliktpotenzial in der Region steigt – aber ohne Auswirkung auf die Weltkonjunktur

Die Region in und um Katar kann sich durchaus zu einem Pulverfaß entwickeln, welches jederzeit explodieren kann. Anders als bei einem klassischen Konflikt zweier Staaten steht die Weltgemeinschaft einer Art Partisanen-Krieg gegenüber: Die Terrorgruppen können jederzeit und überall zuschlagen und beschränken sich nicht auf militärische Ziele. Die Terrorstrategie setzt dagegen auf eine Verunsicherung der Gesamtbevölkerung, kleine Nadelstiche und Terroranschläge.

Deshalb kann es in Saudi-Arabien oder dessen befreundete Staaten durchaus zu einem schwereren Anschlag kommen. Mit allen Konsequenzen für die Attraktivität als Standort oder auch Urlaubsziel. Der US-Außenminister sprach kürzlich von einer sehr komplexen Situation. Dieser Bewertung kann sich die Redaktion nur anschließen.
Titelbild: ©istock.com – danefromspain