Donald Trumps Überraschungssieg bei seiner Kandidatur zur US-Präsidentschaft wurde und wird seinem teilweise deftigen Wahlkampf-Stil und sehr klaren Aussagen zugeschrieben. Mal argumentierte er, dass man die Gegenkandidatin Hillary Clinton einsperren solle („lock her up“), ein anderer Schwerpunkt war die angeblich überbordende illegale Einwanderung insbesondere aus Mexiko. Vielleicht klingt die vollmundige Ankündigung auch noch in Ihren Ohren: Wir werden eine Mauer bauen und Mexiko wird dafür bezahlen. Doch nunmehr scheint auch dieses Wahlversprechen zu kippen. Wie kann das denn nur sein?

4,1 Milliarden US-Dollar kann auch ein US-Präsident nicht aus dem Ärmel schütteln

Der im Wahlkampf verwendete Begriff der „Mauer“ ist zwar plakativ, hat aber mit den Anforderungen und der Umsetzung des Abschottungsprojektes der mexikanischen Grenze nur wenig zu tun. Wie bei ähnlichen Systemen, die auch von europäischen Herstellern angeboten werden, handelt es sich um komplexe „Grenzmanagementsysteme“ – wie es in der Fachsprache so schön heißt. Neben Bauwerken gehören dazu elektronische Bewachungssysteme, Alarmzentralen und auch Einsatzpunkte für die Grenzbehörden (Customs and Border Protection). Alleine die Infrastruktur für die Bewachung der über 3.100 Kilometer langen Grenze zwischen Mexiko und USA wird mehr als 4,1 Milliarden US-Dollar kosten. Ein Betrag, den der US-Präsident auch aufgrund des stets hohen Haushaltsdefizits nicht einfach aus dem Ärmel schütteln kann.

Nach 100 Tagen im Amt: Die Schonfrist ist vorbei

Dem Betrachter der Wahlkampagne sind insbesondere die Auftritte in wirtschaftlich schwachen Gebieten (Förderung fossiler Energieträger!), ein Konjunkturprogramm (Strafzölle, mehr Arbeitsplätze im Inland) und das Versprechen der Sicherung der Grenze zwischen Mexiko und den USA im Gedächtnis geblieben. Im Moment wird eine massive  Steuersenkung für Unternehmen diskutiert, die den Spielraum der Regierung für weitere Ausgaben noch weiter reduzieren wird. Die Mauerpläne von Donald Trump bröckeln auch deshalb weil schlichtweg keine Haushaltsmittel für die Realisierung des Projektes vorhanden sind.

Berater Tipp

Nach 100 Tagen prüfen die Medien

Egal ob in Deutschland ein neuer Bundeskanzler vereidigt wird oder die feierliche Zeremonie in Washington den US-Präsidenten ins Amt einführt: Immer lassen die Medien und die Öffentlichkeit eine gewisse Schonfrist oder einen Welpenschutz gelten. Niemand weiß, warum es genau 100 Tage sind, aber dann wird es ernst: Wesentliche Wahlversprechen werden auf den Prüfstand gestellt, die neue Regierung muss liefern.

Die Grenzsicherung ist nur ein kleiner Teil der aktuellen Herausforderungen

Ein weiterer Grund dafür, dass die Mauerpläne von Donald Trump bröckeln, liegt in der unveränderlichen Geographie der Grenze zwischen Mexiko und USA begründet. Die Grenze verläuft oft in unbesiedelten oder nur wenig besiedelten Gebieten. Anders als beispielsweise der früheren Berliner Mauer ist damit die Aufmerksamkeit von Medien und Öffentlichkeit geringer. Deshalb wäre es angesichts der Herausforderungen der internationalen Politik theoretisch auch möglich, dass nur ein Teilbereich der Grenze durch aufwändige Bauwerke gesichert wird.

In Wüstengegenden und unwirtlichen, schlecht zugänglichen Regionen würde es vielleicht auch eine Sensorerfassung oder Luftüberwachung tun. Dann gäbe es eine Art „virtuelle“ Grenzsicherung, die teilweise auch nur auf Stichproben beruht. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die Grenzbehörden schon länger ferngelenkte Fluggeräte (Drohnen) einsetzt. Hier wäre durchaus auch ein PR-Auftritt des Präsidenten im High-Tech-Umfeld der Bodenstationen bzw. Missionsplanungs-Containern denkbar. Der schwelende Konflikt mit Nordkorea oder auch das neue Erstarken Russlands könnten schon bald die Schlagzeilen beherrschen.

Video: 100 Tage-Bilanz: Donald trump als Präsident der USA

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Das große Bauwerk wird es nicht geben – das Signal wird bleiben

In der Gesamtbetrachtung kann gesagt werden, dass es das eine, große Bauwerk zur Absicherung der Grenze zwischen Mexiko und USA wohl nicht geben wird. Allerdings wird das Symbol der Mauer zusammen mit einigen weiteren symbolischen Maßnahmen bleiben: Die Zeiten des Schmelztiegels der Nationen sind vorbei, die Daumenschrauben bei Einwanderung und internationalem Freihandel bleiben angezogen. Deshalb wird die Präsidentschaft von Donald Trump auch als Zäsur bzw. Einschnitt in die Geschichtsbücher eingehen: Kaum ein anderer Präsident hat sich so offensiv gegen die Freihandelsabkommen bzw. die internationale Arbeitsteilung ausgesprochen.

Titelbild: ©istock.com – bdStudios