Marketing ist einer der vielen Bereiche, der von den rapiden Änderungen der Digitalisierung betroffen ist. Als sich ständig wandelnde Branche bringt die Absatzwirtschaft immer wieder neue Ideen. Dabei hat die Teildisziplin des Geomarketings durch die „digitale Revolution“ über den Verlauf der Jahre an Bedeutung gewonnen. Was macht die marketingunterstützende Methode aus und welche Branchen ziehen den meisten Nutzen aus ihr?

Was ist Geomarketing?

Die Definition von Geomarketing passt sich im Laufe der Jahre entsprechend der genutzten Technologien an. Laut Definition im Gabler Wirtschaftslexikon, beschreibt der Begriff ein auf geografischen Informationssystemen (GIS) basierendes Marketinginstrument.

Dieses setzt unternehmensinterne Daten (z.B. Kunden- oder Absatzdaten) räumlich mit unternehmensexternen Marktdaten (z.B. sozidemographische oder sozioökonomische Strukturmerkmale) in Relation.

Dadurch erschafft diese Methode eine Grundlage für unternehmerische Entscheidungen. Ein Synonym hierfür ist der heute eher selten genutzte Ausdruck Marktraumanalyse.

Um zu ermitteln, was regionale Entscheidung in einem Betrieb beeinflussen kann, stellen Spezialisten im Geomarketing unter anderem folgende Fragen:

  • Wo befindet sich die Zielgruppe?
  • Wo erreicht verteilte Werbung die Zielgruppe?
  • Wo gewinnt der Betrieb neue Kunden?
  • Wo findet der Wettbewerb statt?
  • Wo sind geeignete Standorte für Expansion?
  • Wo kann das Unternehmen den Vertrieb optimieren?
  • Wo sind statistische oder dynamische Daten zu regionaler Kaufkraft, Soziodemographie, Mobilität oder Milieus zu finden?

Mit Geomarketing lassen sich die Fragen veranschaulichen und leichter beantworten. Die Ergebnisse führen in Kombination mit externen Marktdaten zu präziseren Möglichkeiten der regionalen Marktbearbeitung.

Wie gehen Firmen beim Geomarketing vor?

  • Marktsegmentierung: Im ersten Schritt teilen Konzerne den Gesamtmarkt mithilfe bestimmter Kriterien in kleinere Segmente. Diese sollen in sich möglichst ähnlich (homogen), aber untereinander unterschiedlich (heterogen) sein. In einen geographischen Kontext gesetzt ermöglicht das Rückschlüsse auf Kaufverhalten oder Lebensstile der Konsumenten. Dementsprechend passen Vertriebe ihr Sortiment an.
  • Standortplanung: Um zu ermitteln, wo eine neue Zweigstelle sinnvoll wäre, sammelt die Abteilung eine große Zahl heterogener Daten. Zum Beispiel führen viele Unternehmen Kundendatenbanken. Ist hierbei die Adresse hinterlegt, kann der Konzern Umsätze an Postleizahlen knüpfen. Demnach kann er ein Muster von umsatzreichen Gebieten erstellen.
  • Geokodierung: Informationen mit geographischen Punkten zu verknüpfen ist als Geokodierung bekannt. Weitere Synonyme hierfür sind Geocoding, Georeferenzierung und Verortung. Die Methode findet unter anderem Verwendung in der Stadt- und Raumentwicklung oder bei Navigationssystemen.
  • Geografische Informationssysteme: Diese Programme dienen zur genauen Platzierung von Standorten auf einer digitalen Karte. Zusätzlich veranschaulichen sie zum Beispiel potentiell interessante Gebiete. Mit entsprechenden Charts bietet die Karte aufschlussreiche Daten, die sich zwischen Regionen vergleichen lassen.
  • Fahrzeitpolygone: Diese Polygone innerhalb eines GIS ermöglichen es, Erreichbarkeitsmodelle des Standorts digital zu konstruieren. Damit vergleichen Anbieter unter anderem die Entfernung von Kunden-Wohnorten zu den eigenen Standorten und den Filialen der Konkurrenz.

Video: Was ist Geomarketing? – Eine kurze Erklärung

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Für wen Geomarketing Vorteile bringt

Einerseits ist Geomarketing dort von Bedeutung, wo Organisationen darauf angewiesen sind, ihr Umfeld und den Wettbewerb genau zu beobachten. Andererseits profitieren auch Konzerne, die eine Versorgung der Bevölkerung gewährleisten.

So profitieren zum Beispiel Krankenhäuser von den Möglichkeiten des Geomarketings. Das Angebot an medizinischen Einrichtungen steigt stetig an. In Städten gibt es eine Überversorgung, auf dem Land vergleichsweise eine zu geringe Abdeckung.

Um potentielle neue Standorte zu ermitteln, dient die Auswertung aus dem Geomarketing mit sinnvollen Ergebnissen. Damit versichert ein Spital, dass der richtige Patient in die passende Station mit der angemessenen Versorgungstiefe eingewiesen wird.

Zum Beispiel ermittelt ein Spital so, ob es sich lohnt, eine neue Behandlungsstation zu öffnen. Beispiele weiterer Anwender der Methode in diversen Branchen sind:

  • Regierungen
  • Konzerne
  • Unternehmen mit mehreren Standorten
  • Statistische Ämter
  • Regionalplanung
  • Marketingagenturen
  • Beratungsunternehmen
  • Arbeitsmarkt
  • Marktforschung

Regionales Potential des Marktes effektiv nutzen

Die zuvor gesammelten Daten werten Abteilungen mit Hilfe eines GIS aus und visualisieren die Ergebnisse in thematischen Landkarten. Diese eröffnen neue Einblicke auf räumliche Potentiale, mögliches Wachstum oder eine Basis für Planung und Management von Medien. Durch die räumliche Visualisierung lassen sich vor allem:

  • Nicht realisierte Kundenpotentiale ermitteln
  • Streuverluste in Verbraucher-Ansprache verringern
  • Marketingbudgets effizient in zielgruppenspezifische Werbekanäle einsetzen

Grundsätzlich greifen Unternehmen auf Geomarketing zurück, um bedeutende Standortfaktoren zu ermitteln. Die daraus gewonnenen Ergebnisse helfen ihnen, den am besten geeigneten Standort zu ermitteln und sich an der dortigen Nachfrage zu orientieren. So fällt zum Beispiel die Ermittlung potentieller Haushalte für die Prospektverteilung unter diesen Bereich des Marketings.

Bei der Ermittlung eines neuen Standorts reicht in der Regel eine einmalige Analyse. Um Trends in der Wirtschaft und Veränderungen im Konsumverhalten zu beobachten, führen Mitglieder mancher Branchen regelmäßig Analysen anhand von Geomarketing durch. Langfristige Untersuchungen können mehreren Zwecken dienen. Unter anderem beantworten sie diese Fragen:

  • Wieso eröffnet ein Konkurrent im direkten Umfeld einen neuen Standort?
  • Wie schlägt man den lokalen Konkurrenten, der ein sehr ähnliches Sortiment/dieselben Dienstleistungen anbietet?
  • Finden sich genügend Abnehmer für ein spezifisches Angebot?

Bei einem immer stärker wachsenden Markt machen Firmen von Geomarketing Gebrauch, um den potentiellen Kunde zu finden und direkt anzusprechen. Denn durch das steigende Angebot müssen Konzerne ermitteln, was bei ihrer Kundschaft am besten ankommt und sie davon überzeugt, nicht dieselbe Leistung beim Konkurrenten zu beanspruchen.

Berater Tipp

Wo bleibt die Privatsphäre?

Unternehmen profitieren ohne Zweifel von den Methoden des Geomarketings. Im Grunde erhält der Verbraucher dadurch ein an ihn angepasstes Angebot an Dienstleistungen und Waren. Dennoch darf man nicht vergessen: Dieser zielgerichtete Service ist nur durch eine Sammlung unzähliger Kundendaten möglich. Diese bleiben über Jahre hinweg gespeichert, der Konsument hat keinen Zugriff und den Unternehmern bleibt theoretisch freie Hand beim Umgang mit den Informationen. Demnach liegt die Verantwortung bei der Regierung, strikte Rahmenbedingungen für Unternehmer zu schaffen. Aber besonders der einzelne Verbraucher kann sich über den richtigen Datenschutz informieren und darüber nachdenken, was er digital preisgibt und wo er zustimmt.

Titelbild: © iStock – ipopba