Vor etwas mehr als 23 Jahren wurde Amazon im amerikanischen Seattle gegründet. Inzwischen liegt das Unternehmen an der Börse bei mehr als 480 Milliarden Euro. Der Internet-Gigant sieht sich selbst als das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt. Deshalb fragen sich viele: Wann kommen denn die ersten stationären Amazon Filialen zu uns? Ein Blick über den Teich und die Investitionsstrategie kann sich lohnen, denn Amazon probiert neue Produkte und Leistungen meist erst in einem kleinen Testgebiet.

Erste große Schritte im stationären Ladengeschäft: Der Kauf von Whole Foods

Amazon kaufte im Heimatland eine Kette von Bioläden für den beeindruckenden Preis von 13,7 Milliarden US-Dollar. Neben einer Preissenkung für viele Produkte, arbeitet Amazon daran die Kassensysteme und die IT der Online- und der Offline-Welt miteinander zu vernetzen. Damit sollen Amazon Prime-Kunden auch im eigenen Einzelhandel Vorteile genießen können.

Für Deutschland gibt es lediglich erste Hinweise aus dem Testgebiet Berlin, bei dem Serviceleistungen wie die Zustellung frischer Lebensmittel bereits möglich sind. Die Berliner Morgenpost zitiert den Amazon Deutschland Chef: „Perspektiv plant Amazon […] in Deutschland stationäre Läden zu betreiben.“ Doch was dies bedeuten kann, führt er nicht aus.

Hybrid aus Einzelhandel und Amazon: Wie er aussehen könnte!

Vor kurzem erschreckten einige Paketdienstleister die Öffentlichkeit damit, dass zu manchen Spitzenzeiten die Kapazitätsgrenzen bereits erreicht wären. Dies gilt nicht für die Lagerlogistik selbst, sondern wohl eher für die direkte Auslieferung an die Kunden. Fahrermangel und die Verstopfung der Städte mit Fahrzeugen werden genannt, wenn es um Engpässe geht.

Was könnte also Amazon tun, um weiteres Wachstum zu ermöglichen? Ein stationäres Einzelhandelsgeschäft könnte beispielsweise sowohl als kleiner Supermarkt dienen, in dem die Menschen Güter des täglichen Bedarfs kaufen können. Zusätzlich könnte Amazon ihre unternehmenseigene Variante der Packstation einbauen – „Amazon Locker“. Darüberhinaus könnte der kleine Laden auch als Annahmestelle für Retouren dienen, die dann gesammelt Richtung Logistikzentrum und der Verkaufsschiene „Amazon Warehouse“ transportiert werden.

Aufgrund der Einschränkungen durch Ladenschlussgesetze in vielen Bundesländern, sieht die Redaktion entweder Bahnhofsstandorte oder an Tankstellen angekoppelte kleinere Läden als Amazon Geschäft.

Das Amazon Geschäft als neue Chance für darbende kleinere Händler

Eine andere Variante könnte die Vertiefung der Zusammenarbeit mit dem Mittelstand darstellen. Bisher verkaufen ja ziemlich viele erfolgreiche Mittelständler auch ihr eigenes Sortiment bei Amazon. Diese Waren werden dann unter dem Anbieternamen in der Rubrik „Amazon Marketplace“ gelistet.

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Deshalb wäre theoretisch auch vorstellbar, dass Amazon das Prinzip der einfachen Paketshops anderer Anbieter noch ein bisschen „aufbohrt“ und dort weitere Waren verkauft. Es wäre sogar ein Schaufenster denkbar, in dem das Amazon Geschäft die Online-Bestseller präsentiert und gegen eine interne Servicepauschale oder Provision auch Bestellmöglichkeiten anbietet.

Das Amazon Geschäft als bedeutender Teil einer guten Einzelhandelslandschaft

Leider müssen wir alle so lange warten bis Amazon seine Ideen tatsächlich umsetzt. Diese Neuerungen offen anzunehmen und das zu nutzen, was verbraucherfreundlich ist, kann auch dem in manchen Gegenden darbenden Einzelhandel einen neuen Sinn geben. Zumal Amazon – trotz aller Kritik – im Gegensatz zu manchem Wettbewerber, Tariflöhne bezahlt und auch ein Arbeitszeiterfassungssystem eingesetzt. Das sind Standards von dem manche Beschäftigte im Einzelhandel durchaus träumen würden.

Das Amazon Geschäft in verschiedenen Varianten und Erscheinungsformen wird deshalb wahrscheinlich zur Vielfalt des Einzelhandels beitragen und in der Summe wohl mehr Vor-, als Nachteile in sich vereinigen. So ähnlich wie die diversen Paketshop-Kooperationsformen könnten ähnliche Verträge, die Gewinn- und Verlustrechnung kleinerer Geschäfte oder auch Tankstellen stabilisieren helfen.

Titelbild: ©istock.com – SEASTOCK