Der europäische Leitzins, der von der Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegt wird, dient als wichtiges Element zur Steuerung der Geldpolitik. Vom Leitzins, einen festgelegten Zinssatz, hängt ab zu welchem Preis Banken bei der EZB Geld anlegen und sich leihen können. Der Leitzins hat Auswirkungen auf die Geldpolitik sowie die Volkswirtschaften gleichermaßen. Seit Juni dieses Jahres ist der Leitzins so niedrig wie noch nie und das hat Folgen.
Der Leitzins für die Eurozone wurde von der EZB auf 0.15 Prozent gesenkt, um damit Geldinstitute dazu zu bewegen wieder mehr Geld in Kredite zu stecken. Auch für die nahe Zukunft belässt die EZB den Leitzins auf diesem Tief und entschied vor kurzem ab 2015 nur noch alle sechs Wochen statt jeden Monat über den Leitzins entscheiden zu wollen. Damit will die EZB ihre Arbeit transparenter machen und Kursbewegungen vermeiden, die von Spekulationen getrieben sind.
Für Deutschland zu niedrig
Der derzeitige Leitzins ist für Volkswirtschaften mit starker Konjunktur und Wettbewerbsfähigkeit wie Deutschland, Österreich und Belgien deutlich zu tief. Würde nicht die EZB den Leitzins festlegen und Deutschland hätte eine eigenständige Geldpolitik, so läge der Leitzins laut Berechnung der Brüsseler Denkfabrik Bruegel, hierzulande bei 4 Prozent statt jetziger 0,15 Prozent, denn in der Regel wird der Zins erhöht, wenn die Wirtschaft gut läuft. Durch den tiefen Leitzins sehen viele ihre Altersvorsorge und Ersparnisse bedroht. Dennoch beharrt die EZB auf den niedrigen Leitzins.
Video: EZB senkt Leitzins: Was sind die Folgen?
Warnung vor Spekulationsblasen
Der niedrige Leitzins führt zudem dazu, dass sich bestimmte Märkte, wie der Immobilienmarkt gewaltig aufblähen. Die Bundesbank hat berechnet, dass die Marktpreise für Immobilien in einigen deutschen Großstädten bereits um 20 bis 25 Prozent zu hoch sind. Auch warnen Experten vor Gefahren für die Finanzstabilität, sollte der Leitzins bis Ende 2016 so niedrig bleiben, da Banken aufgrund der verfehlten Zinssignale Risiken nicht richtig einschätzen könnten. Dies ist in der Vergangenheit schon vorgekommen.
Andere europäische Länder atmen auf
Rezessionsgeplagte Länder begrüßen hingegen den Leitzins auf Rekordtief und für einige Länder sind auch jetzt noch die Zinsen zu hoch. So bräuchte Griechenland, nach Angaben von Bruegel, einen Leitzins von minus 15 Prozent und Spanien, Portugal und Italien einen Leitzins zwischen minus vier bis minus ein Prozent. Selbst aus Sicht Frankreichs ist ein Leitzins von 0,15 Prozent noch zu hoch. Die Unterschiede zwischen den wirtschaftlich starken mitteleuropäischen Ländern und den eher schwachen südlichen Ländern ist auch nach 15 Jahren gemeinsamer Währungsunion so groß wie eh und je.
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